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Console kehrt zum Pop zurück, Tim Kasher kehrt Los Angeles den Rücken und The Chapman Family laden zum Indie-Kehraus.

1. The Chapman Family

„Something I Can’t Get Out“

Die Postpunk-Band um Sänger Kingsley Chapman fand im Jahr 2006 aus einer gemeinsamen Abscheu gegen die damals aktuelle Musikszene zusammen. „Alle Bands klangen gleich, das hat uns wahnsinnig gelangweilt“, sagt Chapman. Seine Band ist eine nervös-wütende Mischung aus Hüsker Dü, frühen Placebo und Smiths. Und das dürfte so ziemlich das exakte Gegenteil von Langeweile sein.

Radar S. 22

2. The Strange Death Of Liberal England

„Rising Sea“

Vergangenen Monat hatten wir Ihnen dieses furiose Quintett aus dem britischen Portsmouth bereits im „Radar“ vorgestellt. Doch tausend Zeichen Text vermögen Energie und Inbrunst dieser Band natürlich nur in Ansätzen darzustellen. Daher schieben wir nun noch vier leidenschaftliche Minuten akustischer Begründung für diese unbedingte Empfehlung für Freunde von Arcade Fire und Grandaddy nach.

Radar und Albumkritik ME 12/10

3. The Amplifetes

„Whizz Kid“

„Organic Dance“ nennen die vier Schweden ihre Musik, die allerdings alles andere als organisch entsteht. Songwriting und davon losgetretene Diskussionen finden ausschließlich spät nachts via Internet statt. Erst zum Abmischen treffen sich die Bandmitglieder in Fleisch und Blut. Doch Sänger Peter Ågren lobt genau diese „gesichtslose“ Art der Kommunikation, denn dadurch entstünde „ein Gefühl der Schwerelosigkeit, wie in einer Blase aus weichem Stein gefangen“. Schönes Bild, schöner Song.

Albumkritik ME 12/10

4. Fujiya & Miyagi

„Sixteen Shades Of Black & Blue“

Nach zehn Jahren Karriere besteht immer noch allerorts Verwirrung ob des Bandnamens – nun denn: Miyagi geht auf den gleichnamigen Mister in dem Film Karate Kid zurück, „Fujiya“ hieß eines der ersten Aufnahmegerät der Electropop-Gruppe. Alles klar? Gut! Doch jetzt: ausgerechnet Ventriloquizzing müssen die Brightoner ihr neues, am 14. Januar erscheinendes Album nennen. Na, vielen Dank auch!

5. Console

„Her Eyes“

Martin Gretschmanns erstes Album als Console nach vier Jahren, Herself, hätte alles werden können: von Ambient bis hin zur Hörspielcollage. Weil Martin Gretschmann eben auch so gut wie alles kann. Weil Menschen, die so gut wie alles können, ihr Multitalent aber oft nur schwer genießbar vermitteln können, war Vorsicht geboten. Vorsicht, die sich mit dem gefühlvollen „Her Eyes“ aber zerschlägt. Gretschmann hat sein Talent gebündelt und sich für den Pop entschieden.

Albumkritik S. 84

6. I Like Trains

„Hope Is Not Enough“

Im Vorprogramm der Editors zeigte die Band aus Leeds, wie verzweifelt Verzweiflung klingen kann, und ließ den sich beständig rockistischer gebenden Hauptact fast schon Muse-esk wirken. Nach jahrelangem Plattenfirmenhopping haben sich I Like Trains mit ihrem Label ILT mittlerweile selbständig gemacht und konnten so befreit von vielen externen Zwängen wieder Hoffnung auf ein besseres Morgen schöpfen. Von dieser Entwicklung zeugt ihr neues Album He Who Saw The Deep, aber, klar: „Hope Is Not Enough“.

Albumkritik ME 12/10

7. Tim Kasher

„I’m Afraid I’m Gonna Die Here“

Weil ihm selbst die Vorstandschaft zweier toller Bands nicht ausreicht, soliert der Cursive- und The-Good-Life-Chef Tim Kasher nun auch noch. Für die Aufnahmen zu seinem Debüt The Game Of Monogamy zog der 36-Jährige von Los Angeles ins frostige Montana. In der dortigen Abgeschiedenheit hat er sich Gedanken über Beziehungsregeln von Frau und Mann gemacht und diese dann hübsch orchestral verziert.

Story S. 13, Albumkritik ME 12/10

8. Crystal Fighters

„Follow“

Crystal Castles, Crystal Antlers, Crystal Stilts – und jetzt noch Crystal Fighters? Kommen Sie noch mit? Kurzer Überblick: Erste wurden als Mischung aus Beatles und Atari Teenage Riot gefeiert, zweite machen Noiserock, dritte Indie-Pop mit Tendenz zum NuGaze und die Crystal Fighters bringen Hochgeschwindigkeits-Dance mit baskischen Instrumenten wie der Txalaparta zusammen. Ja, das muss man hören. Aber dafür gibt’s diese CD ja.