Alan Parsons – Der Tüftler aus der Abbey Road


„The Alan Parsons Project zählt seit Monaten zu den Topstars auf dem bundesdeutschen LP-Markt. Hinter dem kaum bekannten Gruppennamen und den beiden Alben „I Robot“ und „Tales Of Mystery And Imagination“ steckt allerdings nur ein einziger Kopf: der britische Toningenieur Alan Parsons, der berühmt wurde, weil er bei LP-Einspielungen von Paul McCartney und bei Pink Floyd- und Beatles-Aufnahmen im Studio hinterm Mischpult saß.

Wie wesentlich der richtige Produzent für die richtige Band sein kann, hat vor allem die Rockmusik gezeigt: Was wären die Beatles ohne George Martin, was die Stones ohne Andrew Oldham gewesen? Und einige dieser Studiohexer erlangten gar unsterblichen Ruhm durch bestimmte Sounds, die sie mit austauschbaren Künstlern immer wieder aufs neue schufen: man denke an Norman Whitfield von Motown Records oder besser noch an Phil Spector, den Erfinder der nach ihm benannten Soundwände. Bislang ist jedoch noch kein Produzent oder Tontechniker den sinnvollen Weg gegangen, sich selbst – auch namentlich – an die Spitze von Plattenproduktionen zu stellen und die Musiker ganz offensichtlich als Helfer in die zweite Reihe einzuordnen. Einzige Ausnahmen von dieser Regel: Phil Spector und vor allem Alan Parsons.

Seinen maßgeblichen Anteil an der Erarbeitung von „I Robot“ und „Tales…“ weist Parsons voller Understatement zurück: „Dies waren keineswegs meine Soloalben. Eigentlich erschienen diese Platten nur aus Gründen des Marketings unter meinem Namen, denn dies erleichtert den Konsumenten die Identifikation“. Gleichwohl trugen beide LPs vornehmlich Parsons‘ Handschrift, denn er beaufsichtigte und regelte nicht nur alle studiotechnischen Details,sondern spielte auch gelegentlich Gitarre und Keyboards – vom Entwerfen des Konzeptes und dem Komponieren der Songs ganz zu schweigen. Als passender Partner beim Komponieren entpuppte sich EricWoolfson nebenbei auch als Pasons‘ Manager tätig. Früher hatte sichdieserMann allerdings mit viel oberflächlicheren Projekten be-Beispiel mit „Kung von Carl Douglas.

Sieht sich Alan Parsons eher als Musiker oder eher als Techniker und Produzent? „Sicher als Techniker“, meint Parsons mit Bestimmtheit, „aber nicht bloß hinsichtlich der Knöpfe am Mischpult oder so. Und neben den üblichen Tätigkeiten eines Produzenten – also Arrangieren, Kommerzialität berücksichtigen und die Kreativität der Musiker lenken – fühle ich mich darüberhinaus als Musik-Organisator. So ähnlich, wie Filmregisseure ihr Projekt leiten, lenken und letztlich dafür verantwortlich sind – so sehe ich meine Aufgabe. Meine musikalischen Beiträge sind eher gering, als Songschreiber tauge ich nur mäßig…. ich bin bloß Musik-Organisator“.

Zu den Charakteristika eines guten Organisators gehört sicher ein gerütteltes Maß an Erfahrung – und die besitzt Parsons zweifelsohne. Als die Beatles 1969 erfolgreich ihren Rückzug zu einfacherer Musik vollzogen und ihre entsprechende LP nach der Straße, in der das Aufnahmestudio lag, benannten, mischte Parsons erstmals mit: Als assistierender Toningenieur auf „Abbey Road“. Seine Künste am Mischpult beeindruckten Paul McCartney derart, daß der Ex-Beatle dann bei der Aufnahme seiner Soloalben „Wings‘ Wildlife“ und „Red Rose Speedway“ nicht auf Parsons‘ Wissen verzichten mochte. Und so kam der Stein endgültig ins Rollen: Die Hollies, Anfang der siebziger Jahre auf Suche nach neuer musikalischer Identität, verdanken Parsons nicht nur glänzende LP-Abmischungen, sondern auch manchen Tip zu Alben wie „Distant Light“ oder „Romany“. Auch an Welthits wie „He Ain’t Heavy He’s My Brother“ und „The Air That I Breathe“ war Parsons maßgeblich beteiligt.

Mit zunehmender Anerkennung im Popgeschäft erhielt der Toningenieur Parsons weitgehende Freiheiten, die längst die Grenze zum Produzenten überschritten. Mit AI Stewart produzierte er „Modern Times“ und „Year Of The Cat“, mit John Miles „Rebel“, ebenso die Debüt-LP des US- Quartetts Ambrosia. Steve Harley & Cockney Rebel ließen sich bei „Psychomodo“ sowie „The Best Years Of Our Lives“ unterstützten, und Harleys Hits „Judy Teen oder „Make Me Smile gehörten genauso in Parsons‘ Hitsammlung wie „Magic“ und „January“, mit denen Pilot bekannt wurden. Wie stark Parsons am Ende Einfluß auf den Sound seiner Schützlinge nahm, mag man am besten erkennen, wenn man seine beiden LPs mit „Dark Side Of The Moon“ von den Pink Floyd vergleicht: Die Parallelen sind unverkennbar, denn auf der Floyd-Platte konnte Parsons seinerzeit seine über den reinen Pop hinausgehenden Ideen erstmals verwirklichen. Den Floyd brachte das ihre bis heute erfolgreichste LP und Parsons selbst immerhin eine Grammy-Nominierung ein. Ausgerechnet auf „Dark Side“ taucht der Name Parsons allerdings nur ganz klein hinter der Angabe „Toningenieur“ auf.

Ein zu klein gedruckter Toningenieur

Solche Verzerrungen mögen den heute achtundzwanzigjährigen schließlich bewogen haben, doch lieber eigene Platten unter eigenem Namen zu veröffentlichen, anstatt seine Verdienste weiterhin unterbuttern zu lassen. Die Antwort auf die Frage, ob er nochmals mit Pink Floyd kooperieren würde, fällt auch entsprechend höflich, aber bezeichnend aus: „Das bezweifle ich sehr…nein, nein, mit den Floyds werde ich wohl nicht mehr zusammenarbeiten!“ Und warum sollte Parsons auch, wenn seine eigenen Produktionen fast wie eine Essenz aus der Musik solcher Bands wie Yes, Genesis und eben Floyd wirken und sich zudem weltweit bestens verkaufen. „Tatsache ist“ so sagt er, „daß meine Platten eigentlich nicht neu sind, nichts umwerfend Neues bieten, denn man kann Einflüsse bemerken – und warum sollte ich das nicht zugeben. Originell ist aber wohl die Art, wie wir die einzelnen Details zusammengefügt haben. Und dann ist da noch die Sache, wie wir Orchester und Chor einsetzen….ich meine, diese beiden Elemente sind bisher in der Rockmusik unterbewertet, wenn nicht gar ignoriert worden“. Nähere Auskünfte über sein drittes Album gibt Parsons indes noch nicht: „Nein, tut mir leid. Weder über Titel noch über einzelne Sänger. Nur die Musiker stehen weitgehend fest: Die Besetzung bleibt ähnlich wie bisher“. Und wo wird das Album aufgenommen? „Ganz klar, da, wo alles angefangen hat. In der Abbey Road“!