Big Brother im Wohnzimmer: Microsoft stellt neue Konsole Xbox One vor


Das neue Gerät will mehr sein als eine Spielekonsole: Die Xbox One soll zum heimischen Multimedia-Center werden – und dabei seine Nutzer ausspionieren.

Möglicherweise gibt es bald einen neuen König unter der den Datensammlern. Bisher waren es meist der Suchmaschinen-Konzern Google und das Social Network Facebook, die wegen ihrer Wissbegierigkeit zum Verhalten ihrer Nutzer in die Kritik geraten sind. Nun scheint auch Microsoft in das Datensammelgeschäft einsteigen zu wollen – mit einem Blick in unser Wohnzimmer.

Schon bevor am Dienstag die neue Konsolengeneration von Microsoft vorgestellt wurde, schlugen Kritiker Alarm: Gerüchten zufolge sollte die neue Xbox nur mit einer ständigen Internetverbindung betrieben werden können. Datenschützer befürchteten, Microsoft wolle damit ständig Information über das Nutzerverhalten sammeln. Zu dieser „always on“-Bedingung machten die Entwickler bei der Pressekonferenz keine definitiven Angaben. War auch nicht nötig, denn ein anderes Feature sorgt für weit mehr Aufsehen.

Geht es nämlich nach Microsoft, wird die Xbox One zum Allsehenden Auge in unseren Wohnzimmern. Die Bewegungssteuerung Kinect, bisher noch zukaufbare Erweiterung für nette Partyspielchen, soll in der nächsten Generation zum Standard-Feature werden und dabei weit mehr leisten, als grobmotorisches Rumgefuchtel zu registrieren. Ausgestattet mit einer hochauflösenden HD-Kamera soll die neue Technik anwesende Personen zählen, Gesichter erkennen und unterscheiden, sowie Gesichtsausdrücke wahrnehmen und auswerten können. Die Xbox One und damit Microsoft wissen somit, wie viele Leute ein Spiel spielen, wer wann den Raum verlässt und ob er dabei ein enttäuschtes oder glückliches Gesicht macht. Selbst die Pulsfrequenz der Spieler sei wahrnehmbar.

Damit ist Microsoft in der Lage, in Quasi-Echtzeit den Erfolg der eigenen Angebote zu messen. Dies ist für das Unternehmen besonders deswegen hilfreich, weil mit der Xbox One noch weit mehr als mit der aktuellen Konsole auf die Nutzung von Multimedia-Inhalten gesetzt werden soll. Neben dem Kerngeschäft Videospiele will sich das Unternehmen verstärkt auf das Angebot an Filmen, TV-Shows und Musik konzentrieren. Neben dem bereits erhältlichen Musikstreaming-Dienst Xbox Music sollen eigene Videodienste im Stile von Netflix, Hulu und Co. angeboten werden. Die Inhalte will Microsoft selbst produzieren, in Los Angeles wurde dazu ein Studio eingerichtet und die ehemalige Programmchefin des Privatsenders CBS verpflichtet. Wie es heißt, sei bereits Steven Spielberg verpflichtet worden, eine exklusive TV-Serie zum Spiel „Halo“ zu produzieren.

Dank der neuen Kinect-Überwachung ist Microsoft dann in der Lage, in kürzester Zeit Studien über den Erfolg der eigenen Programme anzufertigen. Umständliche Quotenmessungen über Drittanbieter sind so nicht mehr nötig. Schon am nächsten Tag ist klar, ob der Pilot einer neuen Sendung die gewünschten Zuschauerzahlen brachte. Was für Produzenten ein Segen ist, dürfte Datenschützer zum Wutschnauben bringen – vor allem hierzulande. Und es sind letztendlich sie, die entscheiden, ob die Xbox One zum voraussichtlichen Start, Ende 2013, mit dem vollen Funktionsumfang auch in Deutschland angeboten wird. Dies darf bezweifelt werden.