Cover Visionen – Album-Artworks unter der Lupe. Diesen Monat: The Good, The Bad & The Queen


Das dem Cover zugrunde liegende Bild ist, anders als im Booklet-Credit behauptet, mitnichten ein Ausschnitt aus dem Cemälde“The Tower And The Mint“ des englischen Malers und Kupferstechers T. Shotter Boys (1803-1874), sondern ein viktorianischer Druck aus dem 19. Jahrhundert von einem unbekannten Schöpfer. Die Abbildung stammt aus dem Buch „The Tower Of London In The HistoryOf The Nation“ des britischen HistorikersA. L. Rowse (dessen Umschlag in der Tat ein Ausschnitt aus Shotters Gemälde ziert), das der Designer des Artworks Will Bankhead in einem Antiquariat in Notting Hill erstand. „Ich war zu derzeit an dem Projekt mit The Cood. The Bad & The Queen dran und sah das Buch im Schaufenster. Es kostete nur sechs Pfund, und ich dachte: Kein schlechter Deal. Und ich hatte duck, dass ich dieses Bild drin fand, was mir den Job sehr erleichterte.“ Bei der EMI passierte später die Credit-Verwechslung mit dem eine Buchseite weiter abgedruckten Shotter-Cemälde- und um das Malheur komplett zu machen, wurde auch noch Shotters Namefalsch geschrieben („Sotter“).

Das Biid zeigt den Brand im Towervon London, bei dem in der Nacht vom 30. auf 31. Oktober 1841 das Grand Storehouse__ mitsamt seiner gigantischen Sammlung von historischen Waffen, Kriegsgerät, Beutekunstund Artefakten komplett zerstört wurde, „ich fand das Bild auf Anhieb fantastisch“, sagt Will Bankhead, „und Dämon (Albarn) und Paul (Simonon), die mit mir am Anwork arbeiteten, dann auch. Espassteinfach großartig zu dem ganzen Projekt.“ Zwar warder Brand seinerzeit nicht etwa auf Brandstiftung zurückzuführen, doch strahlt das apokalyptische Bild mit dem in Flammen stehenden Symbol für die Zentralmacht des britischen Empire eine anarchische Symbolkraft aus, die ihre Wirkung nicht verfehlt.“London’s burning’At last!‘ und „Anarchyin the UK.'“jubeln Fans im GBQ-Onlinegästebuch. Bankhead:“£s soll natürlich nichtso direkt und buchstäblich uerstanden werden, aber in gewisser Weise resümiert das Bild das ganze Album. Dass es die Waffenkammer ist, die da brennt, istein recht netter Aspekt, eine schöne Message in Zeiten wie diesen“ In den Genuss des Bildes in voller Breite kommen übrigens nurdie Käufer des Vinyl-Albums mit opulentem Klappcover.

Eine Zeitlang war eine Illustration des französischen Malers und Grafikers Gustave Dore (1832-1883) für eine Edition von Edgar Allan Poes Schauergedicht „The Raven“ der Favorit fürs Covermotiv-ein auch nicht eben puppenlustiges Bild von GevatterTod, derermattetaufder Erdenkugel sitzt (hier: www. danshort.com/raven/). Erst ob des „Tower Of London“-Buches mit seinem unschlagbaren Motiv entschied man sich um.

Das Herz des Towers, der White Tower, blieb bei dem Brand unbeschädigt. „Im Tower brennt es immer noch“, schrieb am 1. November i84ider Londoner Bürger John Daws, wohnhaft am dem Tower gegenüberliegenden Themseufer, in sein Tagebuch.

..Mitschwierigkeiten gelang es. den White Tower zu retten. In den Gewölben darunter war ein Puluerlager. Die Fässer wurden, in nasse Decken gewickelt, herausgeholt und in den Festungsgraben geworfen. Die 300 Fuß lange Waffenkammer, einst ein herrliches Gebäude, ist jetzt eine riesige Ruine. Wenn man vom Tower Hill herabblickt, sieht der Tower aus wie eine befestigte Stadt, die unter Bombardement geraten ist.“ Das Grand Storehouse wurde nicht wiederaufgebaut; ein Modell ist heute in der Royal Armories Collection im White Tower zu besichtigen.

„Die Schriftart hat Paul ausgesucht“, sagt Will Bankhead. Sie sieht etwas Weste rn-mäßig aus. „Nun, lustigerweise war genau das NICHT beabsichtigt. Die Idee war doss es eher so einen Touch uon alter englischer Music Hall haben sollte. Aber wenn man stilistisch in diese Richtung geht, ist es schwierig, diesem Western-Aspekt ganz auszuweichen. Vorallem aber wegen des Titels. Es ist schwer, The Good. The Bad & The Etcetera zu schreiben, ohne dass es irgendwie nach Western aussieht“.