Östro 430 – Durch Dick & Dünn

Als Mann die Platte einer Frauenband zu besprechen, hat seine Tücken. Man läuft Gefahr, entweder einen Sonderbonus zu verteilen, weil die Frauen ja gerade erst anfangen und man das junge Pflänzchen nicht knicken möchte, oder dem Frauen-können-sowieso-keinen-Rock-spielen-Standpunkt zu verfallen. Östro 430 bannen beide Gefahren, denn erstens können sie und zweitens präsentieren sie sich so herzhaft selbstbewußt und rauh, daß jegliche anbiedernde Boni sich erübrigen.

Auf DURCH DICK & DÜNN läßt sich ein rhythmisches Prinzip ausmachen, das Baß und Schlagzeug eindeutig den Vorrang einräumt. Piano, Saxophon und Gitarre bleibt es überlassen, über das, manchmal etwas eintönige, Grundgerüst ihre speziellen Akzente zu setzen. Das klingt nicht perfekt und läßt manche Unsauberkeit erkennen, hat aber gerade dadurch auch einen gewissen Reiz, den manche andere Band der Neuen Welle vermissen läßt. Bestimmend bleibt jedoch ganz klar der Gesang. Abseits jeglicher Schönstimmenästhetik wird der Text eher in den Raum gerufen, auch auf die Gefühle hin, sich bei den Höhen schon mal zu überschlagen:

Die Form ist dem Inhalt angepaßt. Da geht es um Alltägliches, das sich als Problem aufdrängt, Beziehungskram, Umweltbetrachtungen. Manchmal klingt es, als versuchten hier Frauen, die männerbeherrschte Welt zu ihren Gunsten einfach umzukehren. Da stört es beim ersten Hören, wenn sich das Chauvi-Wort „ficken“ jetzt bei den Frauen wiederfindet. Mir persönlich gefällt’s ganz und gar nicht, doch im Zusammenhang der Östro 430 Texte kann ich es akzeptieren. Abgesehen davon, würde es sich ja anders auch blöde anhören: .Sie woll’n mich in die Klapse schicken, denn mein Bett, das quietscht beim Schmusen“. Was ich allerdings nicht so stimmig finde, ist die Länge. Knappe 23 Minuten für den Preis einer Langspielplatte?