Rocklexikon der DDR von Götz Hintze :: Schwarzkopf & Schwarzkopf, 352 Seiten, 29,90 Mark

Ob Opel, Persil oder Jägermeister: Der Westen hat gewonnen, und wer heute noch Wartburg fährt, sympathisiert entweder mit den Idealen des Arbeiter- und Bauernstaats (ganz schlecht) oder hat schlichtweg kein Geld (noch schlechter). Ach ja, Musik gab’s auch in der DDR, teils auf Weltniveau, oftmals darunter. Eigentlich genau wie in der alten BRD. Doch während in Deutschland Ost heutzutage jeder halbwegs interessierte Mensch Namen wie BAP, Scorpions oder Grönemeyer durchaus sinnvoll einordnen kann, denkt man in Deutschland West bei The Butlers wahrscheinlich an eine Versammlung britischer Tablett-Träger, und Namen wie Stern Combo Meissen oder Brigade Feuerstein klingen in Hamburg, Köln und München so exotisch wie Broiler, Sättigungsbeilage und Winkelement. Gar keine Frage, der Ostrock wurde erfolgreich abgewickelt, und das ganz ohne Treuhandanstalt. Doch Götz Hintze, hauptberuflich Musikdokumentar beim Berliner „Deutschlandradio“, bewahrt den deutschdemokratischen Rock vor dem Vergessen, und das ist gut so. Nicht aus ostalgischen Gründen, sondern um die ganze Geschichte zu erzählen: Rock aus der DDR hat immerhin Millionen von Menschen Identifikation, Spaß oder sonstwas gespendet, und ob Westernhagen wirklich bessere Texte verfasst als ehedem Gerhard Gundermann, sei mal dahingestellt. Aber Götz Hintze wertet nicht, er dokumentiert die DDR-Rock-Historie von den frühen Beat-Combos bis zu den sogenannten „Anderen Bands“ der achtziger Jahre: Etwa 500 Musiker und Gruppen werden samt Kurzdiskographie vorgestellt, zudem klärt das ROCKLEXIKON DER DDR auch die Bedeutung einschlägiger Begriffe wie „Singebewegung“ oder „Musikalisches Volksschaffen“. Ostgoten treffen dabei auf alte Bekannte, Westgoten können bei der Lektüre zur Erkenntnis gelangen, dass die Puhdys und Karat nur die Spitze des Eisbergs waren. Jaja, liebe Münchener, Kölner und Hamburger: Auch in der Zone wurde Soul gespielt, Blues gelebt und Punk gebrüllt.