Zum 20-jährigen Jubiläum der Rockgruppe Tocotronic: :: Eine Raritäten-Compilation auf Doppel-Picture-Vinyl.

„Lieder von Liebe und Hass“, so sagt uns Dirk von Lowtzow am Anfang dieses ausschließlich als Vinyl und Download erhältlichen Jubiläumstonträgers, würde man spielen, und stimmt dann ein englischsprachiges, den amerikanischen Jazzer Pharoah Sanders zitierendes Spoken-Word-Intro zu „Jungs, hier kommt der Masterplan“ an. Im Hintergrund brüllt ein vermutlich schwer angesoffener Konzertgast laut „Einszweidreivier“. Es geht bei beiden Äußerungen eher um den konkreten Abend auf dem österreichischen Frequency-Festival und die damit verbundenen Erwartungshaltungen, aber eigentlich scheint der Kosmos der Hamburger Band Tocotronic damit ganz gut abgesteckt, weil: von Lowtzow auf Englisch =rehkitzartig-unbeholfene, aber sympathische Feingeistigkeit. So Reinrufen = Rock erwartende Rüpelei. Und Liebe vs. Hass =die Triebfeder der Kreativität. Wie das alles bei Tocotronic zusammengeht und wie sich über die Jahre das Ingredienzienverhältnis verschoben hat, erfahren wir chronologisch. Anhand von frühem Studio-und Proberaummaterial wird die Geschichte der Gruppe nachgezeichnet: Unbekanntes wie das schwer hervorragende „Was wird aus all den gebrochenen Herzen“ und das sich selbst TV-Personalities-mäßig verschleppende „An diesen langweiligen Tagen“, Live-Versionen -„Freiburg“ wurde in, hihi, Freiburg mitgeschnitten und „Hamburg rockt“ in, hoho, Hamburg. Nur ein Remix schaffte es auf die Sammlung: Im Lawrence-Remix von „Pure Vernunft darf niemals siegen“ schwirren Soundschleifen durch den Raum wie Eulen durch den Nachtwald, und während von Lowtzow begeistert die eigene Flugfähigkeit hervorhebt, wird fleißig der Hintergrund beklöppelt. Ganz und gar herrlich, wie übrigens auch die Aufmachung der Schallplatte: Statt im schnöden Schwarz „kommt“ die nämlich mit den Gesichtern der vier Tocotronic-Mäuse „daher“. Voll schön.