„Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere“: Interview mit Tobias M. Eckrich, dem Vorsitzenden der „Deutschen Tolkien Gesellschaft“


Tolkienist Tobias M. Eckrich sprach mit ME.MOVIES über die neueste „Hobbit“-Verfilmung.

Ist es das Ende einer Ära? Über ein Jahrzehnt konnten Tolkien-Fans das Schicksal ihrer Helden im Kino mitverfolgen. Wir sprechen mit dem Vorsitzenden der „Deutschen Tolkien Gesellschaft“ Tobias M. Eckrich über Literatur versus Film.

ME.MOVIES: Der letzte Teil der Hobbit-Trilogie läuft ab 10. Dezember im Kino – fällt es Ihnen schwer, jetzt Abschied von Mittelerde zu nehmen? 

Tobias M. Eckrich: Das dürfen Sie einen Literaten so nicht fragen, denn wir können und müssen nicht Abschied von Mittelerde nehmen, nur von der Verfilmung. Und wenn Sie mich persönlich fragen bin ich ganz froh, wenn der letzte Teil von „Der Hobbit“ endlich „weg“ ist, denn ich finde Peter Jackson hat sich damit keinen Gefallen getan – also aus literarischer Sicht. Wenn ich die Filme als reines Fantasy-Epos sehe, dann funktionieren sie durchaus. Aber Jackson hat aus „Der Hobbit“ einige Teile herausgenommen – das lässt einem Tolkienisten das Herz bluten.

Was kritisieren Sie im Speziellen?

Dass Jackson versucht, aus einem kleinen Kinderbuch drei Filme zu machen, dann aber elementare Geschichten auslässt oder stark kürzt. Ob das jetzt die Szene bei Beorn ist, oder etwa die Szene im Düsterwald – obwohl es die ja immerhin in der Extended Edition zu sehen gibt.

Das klingt ja nicht so positiv …

Nein. Vor allem die Charakterentwicklung lässt im Film zu wünschen übrig. Im Buch kann man mitverfolgen, wie Bilbo an seiner neuen Rolle wächst, wie er kleine Schritte macht, sich langsam entwickelt. Im Film passiert lange Zeit nichts mit Bilbo, bis er dann knallbumm am Ende des ersten Teils der Held ist, der er eigentlich erst zum Ende des Buches hin sein sollte. Das sind zwei Dinge, die in der Verfilmung nicht optimal gelöst sind. Wenn man schon neun Stunden für die Erzählung zur Verfügung hat, dann kann man doch versuchen möglichst viel von der ursprünglichen Geschichte zu verwirklichen.

Wie finden Sie die Umsetzung der Figuren, die für den Film entwickelt wurden?

Smaug ist grandios geworden – und mir gefällt die Originalstimme von Benedict Cumberbatch ebenso wie die Synchronstimme. Die Zwerge dagegen sind mir zu gleichmäßig. Das liegt aber auch daran, dass Peter Jackson zuerst „Der Herr der Ringe“ gedreht und sich dadurch gewisse Leitlinien schon vorgegeben hat.

Wären Sie mit Guillermo del Toro, der ursprünglich für die Regie vorgesehen war, glücklicher gewesen?

Das kann ich so nicht beantworten, dafür kenne ich das Werk von del Toro zu wenig. Was ich aber weiß, ist, dass hinter den Kulissen ziemlich gegen ihn gearbeitet wurde. Jetzt hat man durch Peter Jackson immerhin ein durchgehendes Epos über sechs Teile.

Was ist Ihre Lieblingsfigur in den Filmen?

Das lässt sich nicht so einfach sagen. Aus dem Gesamtepos wäre es eigentlich Gandalf. In den Filmen von Peter Jackson ist Gandalf aber lernresistent, was man schon an Kleinigkeiten sieht. Allein, dass er so blöd ist, sich, obwohl er weiß, dass er sich in einer Hobbithöhle befindet, zweimal den Kopf anstößt. Meine andere Lieblingsfigur wäre Bilbo. Bilbo wird aber in den Filmen, wie ich schon zuvor gesagt habe, viel zu schnell zum Helden gemacht. So gibt es von den Hauptcharakteren in der Verfilmung keinen, bei dem ich sagen würde: Ja, der spricht mich an.

Fantasy-Stoffe boomen nach wie vor. Wie erklären Sie sich die ungebrochene Begeisterung?

Ich bin kein Psychologe, aber ich denke, dass viele Leute ein bisschen Realitätsflucht damit betreiben. Es geht darum, vollkommen in ein Werk einzutauchen. Der Vorteil an Tolkiens Schriften ist, dass er nicht nur Fantasyromane geschrieben, sondern – ähnlich wie J. K. Rowling später,– ein ganzes Universum erschaffen hat. Mit dem Unterschied, dass J. K. Rowling auf die Jetztzeit anspielt und die Erde als solche als Vorlage nimmt. Tolkien dagegen hat ein komplett abstraktes Gebilde entwickelt und mit „Das Silmarillion“ sogar dessen Entstehungsgeschichte dokumentiert. Er schuf Länder, Götter, Sprachen – eine komplette Welt, die es zu entdecken gilt. Und so kann man an einem verregneten Sonntag im Herbst einfach mal der Wirklichkeit entfliehen – und in Tolkiens Welt abtauchen.

 

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