Die 700 besten Songs aller Zeiten: Plätze 450 bis 401


In unserer Jubiläumsausgabe kürten wir "Die 700 besten Songs aller Zeiten". Seht hier die Plätze 450 bis 401

Am 13. März 2014 ist sie erschienen, die sage und schreibe 700. Ausgabe des Musikexpress. Und die hatte es in sich: Wir hatten eine prominente zigköpfige Jury aus Musikern wie etwa Lana Del Rey, Mark Lanegan, Danger Mouse, Marteria, Thees Uhlmann, Judith Holofernes, WhoMadeWho sowie aus Autoren, Journalisten und Fachleuten von anderen Magazinen, Tageszeitungen, Radiosendern und Plattenlabels nach ihren Lieblingssongs aller Zeiten gefragt. Herausgekommen war in mühevoller Kleinarbeit nicht weniger als eine Liste mit den 700 besten Songs aller Zeiten inklusive Texten zu jedem (!) dieser Songs, und diese Liste haben wir Euch nach und nach online auf Musikexpress.de/700 präsentiert.

Hier die Einzelteile unserer „700 besten Songs aller Zeiten“ in der Übersicht:

Und hier kommen nach unseren Plätzen 700 bis 651, 650 bis 601, 600 bis 551, 550 bis 501 und 500 bis 451 unsere Plätze 450 bis 401 im Detail:

450. Pixies – „Monkey Gone To Heaven“

Hymnisch aufgeladen, ohne an Gefährlichkeit zu verlieren: die Bostoner Kobolde klangen hier weiterhin unberechenbar –  trotz Cello, Piano-Klimperei und Kim Deals Chormädchengesang.

449. Moloko – „Sing It Back (Boris Musical Mix)“

Róisín Murphys Sirenengesang hat etwas Finsteres – wer sich ihrer „sweet melody“ nähert, spürt aber: alles wird gut.

448. R.E.M. – „The One I Love“

Zwischen Missachtung und Gleichgültigkeit muss man Michael Stipes Zeile „another prop to occupy my mind“ einordnen, selbst wenn er sie an „the one I love“ richtet. Kalter Abschied, verschleiert durch die eingängige Melodie.

447. Elvis Presley – „Suspicious Minds“

Der King befreit sich von den zehn Jahren, in denen man ihn wie eine Marionette hampeln ließ: „We’re caught in a trap“ – und wie sehr er das Gefühl kannte.

446. The Kinks – „You Really Got Me“

Ein prägnantes Riff im Stop-and-go-Modus, ein polterndes Schlagzeug und rauer Gesang: Durchbruch für The Kinks,  Meilenstein in der Rockgeschichte.

445. The Beatles – „She Loves You“

DDR-Chef Ulbricht wollte „endlich Schluss machen mit diesem Yeah Yeah Yeah“. Hat nicht geklappt. Dieser Song wird uns vermutlich alle überdauern.

444. The Byrds – „Turn! Turn! Turn!“

Sechs Worte habe er zum alttestamentarischen Text zugefügt, sagte Pete Seeger. Als die Byrds die epochale Idee hatten, Folk mit Rockmitteln zu spielen, kam ihnen der Song gelegen – und weil unter Worten auch „peace“ war und in Vietnam Krieg, wurde er ein Riesenhit.

443. Beastie Boys – „So What’cha Want“

Das endgültige Ankommen der Weißbrote in der Rapszene und gleichzeitig ein diffuses Stück Crossoverpunkrock.

442. The Stone Roses – „Fool’s Gold“

Ein illegaler Rave auf einem Acker in England. In der Morgendämmerung bewegen sich junge Körper, selbstversunken im abklingenden Rausch. Es läuft „Fool’s Gold“. Ein introvertierter Shoegazer-Track, aber mit einem Rhythmus, dem niemand widerstehen kann. Die Stone Roses hatten gerade die Popmusik neu erfunden.

441. Lee Hazlewood & Nancy Sinatra – „Summer Wine“

Ein Mann der Marke Outlaw wird von einer Frau betrunken gemacht und beraubt. Vorgetragen mit einem herrlichen Wechselspiel aus tiefem Bariton und unschuldigem Engelsgesang.

440. Portishead – „Machine Gun“

Das ist er, der Partisanenblues, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt: Über minimal arrangierte Stakkato-Maschinenbeats und eine Synthiefläche wie aus einem Film von John Carpenter singt Beth Gibbons, als hätte sie ihre fleischliche Hülle längst abgelegt.

439. Michael Jackson – „Bad“

Als Song über die Rivalitäten der Straße könnte „Bad“ nicht weiter von der Lebensrealität Jacksons Ende der 80er entfernt sein. Zugleich ist er das vielleicht prägnanteste Statement seines Weltruhms: „Wer ist böse, wer ist der Beste?“, fragte er herausfordernd und alle kannten die Antwort.

438. Trio – „Da da da ich lieb dich nicht du liebst mich nicht aha aha aha“

Da-Da-Dadaismus war ein gern eingesetztes Stilmittel in der NDW, aber keine Band ging weiter in der Reduktion der Stilmittel als Trio in ihrem größten Hit. Selten hat ein Song, der sich im Grunde über sich selbst lustig macht, mit minimalen Mitteln so maximale Wirkung entfaltet.

437. The Jam – „That’s Entertainment“

Die Nationalhymne der britischen Arbeiterklasse, von Paul Weller nach einem Pub-Besuch besoffen in zehn Minuten geschrieben. Ganz im Sinne seines Idols Ray Davies beschreibt Weller mit einfachen Betrachtungen den Zustand der englischen Arbeiterklasse.

436. John Lennon – „Instant Karma!“

„Instant Hit!“, schrieb der „Melody Maker“. John Lennon hat sich die langen Haare abgeschnitten und überträgt die neue Einfachheit auch auf den Song, der an nur einem Tag eingespielt wird. Phil Spector verpasst ihm seine Wall 0f Sound.

435. The Human League – „Being Boiled“

„Die Zukunft der Musik“, schwärmte David Bowie über Sound und Vision der ersten Single von The Human League: Sie haben die Botschaft von Kraftwerk verinnerlicht, bringen die Mensch-Maschine aber zum Kochen mit der Energie des Punk: Synthie-Pop und Darkwave sind geboren.

434. Dexys Midnight Runners – „Come On Eileen“

Großer Pop, schmissig, ansteckend, fit fürs Stadion. So groß, dass er zugleich Fluch und Segen wurde. Bis heute zahlt „… Eileen“ Kevin Rowland die Miete, hat aber auch seiner Band ein Image als One-Hit-Wonder verpasst.

433. The Supremes – „Stop! In The Name Of Love“

Die Supremes eroberten 1965 für Motown England. Und das ging so: In einer TV-Show wurden sie von Dusty Springfield angesagt, dann zeigten sie die tolle Choreografie: Hände hoch zum „Stop!“, dann schnipsend langsam zur Hüfte fallen lassen.

432. The Troggs – „Wild Thing“

Die Band aus Andover war zwar nicht die erste, die diesen Song gecovert hat – aber die mit Abstand beste. Grandios: der rebellisch-lüsterne Gesang von Reg Presley.

431. Outkast – „Hey Ya!“

Die Weirdo-Rapper aus Atlanta landeten mit diesem Funk-Überbrett zu Recht weit vorne in den weltweiten Hitparaden. Die Textzeile „Shake it like a polaroid picture“ wurde zum geflügelten Wort.

430. Blumfeld – „Tausend Tränen tief“

War das ein herrlicher Schock damals, als Jochen Distelmeyer aus einer längeren Pause zurückkehrte, von George Michael und der Münchner Freiheit schwärmte und dieses Lied mitbrachte: Indie-Spießer verschreckt, Herzen berührt, Blumfeld ins Gespräch gebracht.

429. Love – „A House Is Not A Motel“

Man darf sich mit diesem psychedelischen, zuerst lieblichen, dann immer dunkler wucherndem Kleinod in den Ohren schon mal wieder fragen: Warum waren die Doors so groß und Love hingehen zwischenzeitlich fast vergessen? War das hier vielleicht einfach zu raffiniert?

428. Grace Jones – „Slave To The Rhythm“

Der Song mit dem markanten Funk-Groove hat – je nach Interpretationsweise – die Sklaverei thematisiert oder sich mit den Ausbeutermechanismen der Musikindustrie beschäftigt.

427. The Smiths – „How Soon Is Now?“

Für Morrissey sind die vibrierenden und jammernden Gitarren von „How Soon Is Now?“ das Ergebnis der „liebevollen Nähe“ zwischen Johnny Marr und dem Produzenten John Porter. Er schenkt dem Song noch seine anrührendsten Einsam-im-Club-Zeilen, und fertig ist ein Meisterstück stolzer Tristesse.

426. The Mamas & The Papas – „California Dreamin’“

Wallfahrts-Soundtrack für Haight-Ashbury: In einer kalten Winternacht aus Sehnsucht nach der kalifornischen Sonne geschrieben, wurde der Folk-Song mit seinen ansteckenden Gesangsharmonien zur Hymne der Hippie-Gegenkultur.

425. Gorillaz – „Feel Good Inc.“

Damon Albarns Supergroup singt vom Kummer des Erfolges, träumt von der Sehnsucht nach Freiheit und De La Soul schmettern die stärkste Strophe seit STAKES IS HIGH-Tagen.

424. James Brown – „It’s A Man’s Man’s Man’s World“

Während die Streicher Kapriolen schlagen, lobpreist James Brown die Errungenschaften des modernen Mannes: Kein Auto, kein Zug, kein elektrisches Licht kann jemals so gut sein wie die Frau an des Mannes Seite. Als hätte man bereits im Neandertal Soul-Klassiker gesungen.

423. Michael Jackson – „Wanna Be Star­tinʼ Somethinʼ“

Der ideale Konzert-Opener: hektisch, euphorisch und tanzbar wie Sau. Schwer vorstellbar, dass Jackson zehn Jahre später sein Geld mit weinerlichen Balladen verdienen sollte.

422. The Rolling Stones – „She’s A Rainbow“

1967 wagten auch die Rolling Stones Ausflüge in psychedelische Gefilde – mehr oder weniger erfolgreich. Dieses Stück barocker Flower-Pop ist ein gelungenes Zeitdokument mit originellen, schrägen Klangeffekten.

421. The Jimi Hendrix Experience – „Are You Experienced“

Ziemlich „far out“, wie man damals zu sagen pflegte: Tonbänder laufen rückwärts, Mitch Mitchell trommelt wie für die angreifende Kavallerie und Hendrix’ Text nimmt einen mit auf die LSD-Reise. Vermutlich der psychedelischste Rocksong aller Zeiten.

420. Die Sterne – „Was hat dich bloß so ruiniert“

Ein negativer Bildungsroman im Popsongformat. Verlorene Vergangenheit und Selbstzweifel als großer Hit. Treibender Rhythmus, hysterische Orgel und als Refrain eine Frage, die wie ein Parole klingt.

419. Coldplay – „Yellow“

Ein Song über unerfüllte Liebe.

418. The Streets – „Let’s Push Things Forward“

Original Pirate Material war Mike Skinners Vision von britischer Rapmusik, „Let’s Push Things Forward“ sein Mission Statement: Wenn’s dir nicht gefällt, mach neu! Ska-Sample, Offbeat-Flow, echter Slang von echten Menschen. HipHop eben.

417. Moloko – „The Time Is Now“

Das Konzept Moloko – das Wechselspiel aus klein und groß, Intimität und Euphorie – ist nie besser zur Entfaltung gekommen als in diesem Song. Irgendeinen Grund zum Tanzen gibt’s schließlich immer.

416. James Blake – „Limit To Your Love“

Als das Feist-Cover auftauchte, haftete ihm etwas Gimmickhaftes an: Der Dubstep-Dude will die Indie-Liebe. Seine wahre Bedeutung wird heute klar, wenn man sich durch einen x-beliebigen Blog mit neuen Tracks klickt. Das „Like A Rolling Stone“ seiner Zeit!

415. Jefferson Airplane – „Somebody To Love“

Am Vorabend des Summer Of Love intoniert Grace Slick den Refrain von „Somebody To Love“ wie durch ein Megafon: laut, durchdringend, fordernd. Jefferson Airplane erstmals als Rocker.

414. Bill Withers – „Lean On Me“

Bill Withers’ größter Hit beginnt als Gospel der Solidarität und steigert dann zunehmend seinen Funk, ohne jemals an Einfachheit zu verlieren.

413. Talk Talk – „Such A Shame“

Sein synthetisch-bombastischer Sound und sein theatralischer Refrain verraten das Stück als Kind seiner Zeit. Aber warum steht es in dieser Liste als einziger Vertreter der New Romantics? Weil Hollis’ Kompositionen, Texte, Stimme schon damals tiefer ins Herz fuhren als die der anderen.

412. Black Sabbath – „Paranoid“

Von Black Sabbath zwischen Tür und Angel geschrieben, um die fehlenden drei Minuten für das zweite Album zu füllen, erweist sich „Paranoid“ als Klassiker des Hard Rock: Der tonnenschwere Heavy Metal Thunder ist leicht wie Pop.

411. Rage Against The Machine – „Killing In The Name“

James Brown und Fela Kuti haben vorgemacht, wie man mit Wiederholung maximale Wirkung erzielt. Rage Against The Machine setzen die Lektion mit schwerem Riffgeschütz zu einem zornigen Aufruf zu zivilem Ungehorsam um.

410. The Pet Shop Boys – „Itʼs A Sin“

Neil Tennants Text ist durchsetzt von Schlüsselbegriffen, die er in der katholischen Schule eingetrichtert bekam: shame, eine aufgeladene Schande, die man nie mehr loswird, denn schluss­endlich ist alles Sünde. Dazu Derek Jarmans Inquisitions-Video und pompöser Synthie-Pop in Moll.

409. The XX – „Crystalised“

Industrial-R&B? Dream-Goth? Disco-Indie? Auf ihrem Debüt verbandelten die Londoner Aaliyah mit The Cure und Burial mit Velvet Underground. „Crystalised“ brachte diese Haltung auf den Punkt.

408. Nirvana – „Come As You Are“

„Smells Like Teen Spirit“ war als Türöffner vorgesehen, „Come As You Are“ sollte den Sturm auf die Charts beginnen. Dachte man bei Geffen. Als die Zeit für die zweite Single aus NEVERMIND gekommen war, war die Tür aus den Angeln gerissen, und Kurt Cobains betörendes Popjuwel konnte durchspazieren.

407. The Jimi Hendrix Experience – „Crosstown Traffic“

Funky Beat, höchst memorable Melodie und Hendrix sprechsingt leicht gehetzt über die Parallelen urbaner und zwischenmenschlicher Verkehrsprobleme.

406. The Charlatans – „The Only One I Know“

In den Neunzigern setzte sich sogar in der Provinz der „Independent-Tag“ in den Discos durch. Immer dabei: „The Only One I Know“, mit dem knalligen Rave-Schlagzeug und dem Sixties-Orgel-Riff.

405. The Rolling Stones – „Street Fighting Man“

Mitte 1968 beschlossen die Stones, 2000 Lichtjahre von daheim, sich wieder auf die Erde zu beamen und mitten auf den Barrikaden der Jugendrevolten als satanische Majestäten vorstellig zu werden.

404. Pink Floyd – „Astronomy Domine“

Zu pulsierendem Schlagzeug-Stakkato und wilden Gitarren-Glissandi berichtet Syd Barrett von den Weiten des Weltraums: Pink Floyds erste Reise ins All, umrahmt von eigenartigen Harmonien.

403. The Specials – „Ghost Town“

Die Specials laden zum Totentanz ein: Eine gespenstische Stimmung liegt wie ein Leichentuch über dieser Elegie, die zu gespenstisch ist, um noch Ska zu sein, aber auch zu unwiderstehlich, dass man nicht doch tanzen will auf diesem Soundtrack zum sozialen Niedergang Englands Anfang der 80er-Jahre.

402. The Jimi Hendrix Experience – „All Along The Watchtower“

Ein guter Dylan-Song, aber die Version der Jimi Hendrix Experience ist um Welten besser: Mehr Druck, mehr Tempo, erstaunliche Soundeffekte und nicht zuletzt das wunderbare Wah-Wah-Solo offenbaren das ganze Potenzial dieser an sich schlichten Folk-Nummer.

401. Caribou – „Odessa“

Mit Swim entdeckte der großartige Eigenbrötler Dan Snaith das Konzept Club. In seiner Imagination ließ er James Holden, Four Tet und Ricardo Villalobos ihre liebsten Popsongs auflegen und bastelte daraus die Dance-Platte des Jahres. Endlich Freischwimmer!