Die Hollywoodrocker und die Style-Polizei


Warum Orson vielleicht doch mehr indie sind, als vielen das lieb ist.

Als Orson vor zwei Jahren in den Radios explodierten und ihr Partyhit „No Tomorrow“ zum nächsten „Walking On Sunshine“ zu werden drohte, ernteten sie, als Indieband vermarktet, Häme in Kreisen gescheitelter Trainingsjackenträger. Dabei hatte die Band ihr Blockbuster-Debüt bright idea aus eigener Tasche bezahlt, sich jeglichem von der oft puristischen Indieszene vorgeschriebenen Trend versperrt und – deren Uncoolness voll bewusst -von Fleetwood Mac und Hall & Oates inspirieren lassen: „Momentan ist alles und jeder indie; dadurch wird dieser Begriff total entwertet – Indie heißt heute nicht mehr, als die richtige Frisur zu haben“, behauptet Sänger Jason Pebworth. „Fünf Prozent aller sogenannten Indie-Bands sind fantastisch, aber alle anderen kopieren halt nur-und ausgerechnet diese 95 Prozent kritisieren uns dafür, nicht indie zu sein“, sagt er und schüttelt etwas resigniert das behütete Haupt. Orson wollten sich nie Stylezwängen aussetzen; nicht umsonst sangen sie im Titelsong ihres Debüts: „Here’s my bright idea: I’ll just disappear!“

„Wir wollen den Leuten helfen, ihre Schulden zu vergessen. Wir sind keine politische Band; uns geht’s einfach nur darum, dass alle Spaß haben“, sagt Schlagzeuger Chris Cano. Und so geriet das zweite Album culture vultures zum reinen Feierei-Soundtrack. Auch der einzige vermeintliche Affront („lt doesn ‚t rock, it doesn’t roll/ Is there something wrong with the radio?“ im Opener „Radio“) entpuppt sich als kritikfernes Sinnbild: „Da geht es um eine bestimmte Zeit im Leben, in der einfach alles passt und dir alle Songs im Radio wahnsinnig viel bedeuten. Dann wirst du älter, ziehst aus, und alles wird ernster. Dennoch willst du dieses unschuldige Gefühl zurückhaben“, erklärt Pebworth die eigentliche Bedeutung des Songs. Doch macht die Möglichkeit, ein Lied unterschiedlich zu verstehen und zu interpretieren, nicht gerade einen guten, weil vielschichtigen, individuell lesbaren Song aus? „Natürlich außerdem passiert es ja oft, dass ich Radio höre und denke: ,Wie zur Hölle hat es dieser Mist ins Radio geschafft?'“, lacht Pebworth. Das dürften sich beim zu erwartenden Airplay-Overkill des neuen Orson-Materials wiederum auch ganz viele Indie-Jünger fragen.

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