„Drei Minuten können die Welt verändern“


Vor Kasabians Berlin-Konzert treffen wir Mastermind Sergio Pizzorno zum musikalischen Ratespiel. Draußen versuchen kichernde Mädchen, backstage zu gelangen. Keine Frage: Seit Velociraptor! haben die Briten ein neues Level erreicht.

Kazabian -„FIRE“

Ein Cover unseres Songs „Fire“. Wer ist das?

Ihre Tribute-Band Kazabian.

Irre. Du hörst, dass sie diese Nummer wirklich gelernt haben. Die achten auf viele kleine Details, die dir nur als Urheber des Songs auffallen.

T.Rex – „GET IT ON“

Eine der besten Rock’n’Roll-Aufnahmen aller Zeiten von einem meiner Lieblingskünstler: Marc Bolan, er ist ein Zauberwesen.

Der Titel Ihres aktuellen Albums Velociraptor! ist nicht zufällig eine Anspielung auf T.Rex? In der Presse-Info zur Platte wurde behauptet, der Velociraptor wäre der einzige Dinosaurier gewesen, der den Tyrannosaurus schlagen konnte – was nicht so ganz stimmt.

Uns ging es weder um die Band noch um das Tier. Unser T.Rex ist die Musikindustrie, die wir von innen heraus zerstören wollen. Diese Kohle, die für Sushi-Abendessen verschwendet wird. Diese ganzen Arschkriecher bei den Plattenfirmen, die nur mit dir abhängen wollen, sich aber einen Scheiß für deine Musik interessieren.

Lana Del Rey – „VIDEO GAMES“

Wir haben fürs englische Radio vor Kurzem eine Coverversion von diesem Song eingespielt. Ein wunderschöner Titel.

Wird Lana Del Rey dem Hype standhalten?

Wird ihr Album so gut wie der Song sein? Wen kümmert’s? Drei Minuten können die Welt verändern. Vielleicht hat sie nur diesen einen Song, vielleicht braucht sie aber nur diesen einen Song.

Ennio Morricone – „THE GOOD, THE BAD AND THE UGLY (MAIN TITLE)“

(sofort) Klingt wie Ennio.

Ist Ennio.

Er hat mein Leben verändert. Mich faszinieren Genies: Dalí, Ennio – ich bekomme sie nicht zu fassen, unendliche Inspiration.

Wurden Sie schon mal als Genie bezeichnet?

Außer von meiner Mutter: nein. (lacht)

Nirvana – „SMELLS LIKE TEEN SPIRIT“

Als das herauskam, hörte ich nur elektronische Musik. Ich war zu jung für Grunge. Erst gegen 1998 wurde ich ein massiver Fan von Kurt Cobain. Dieser Song klingt auch heute noch wie die Zukunft. Diese Leidenschaft, diese Energie.

Ihr Sänger Tom Meighan verglich den neuen Kasabian-Song „Re-Wired“ mit diesem Stück.

Nichts lässt sich mit „Smells Like Teen Spirit“ vergleichen. Aber beide Stücke sind knallharte Headbanger, die dich durchdrehen lassen. Das hat Tom gemeint.

James Morrison – „I WON’T LET YOU GO“

Was soll das denn sein? Das haben Sie doch nicht etwa auf Ihrem iPod?

Dieser junge Herr hat Velociraptor! von der Nummer eins der UK-Albumcharts gestoßen.

Wollen Sie mich fertigmachen? Wer ist das?

James Morrison.

Ich hatte immer gehofft, er klänge wie Van Morrison, aber das hier ist ja … Na gut, vielleicht ist er ja ein netter Kerl.

The Stone Roses – „LOVE SPREADS“

Die Roses. Als wir damals anfingen, verglichen uns alle mit ihnen. Ich verstand das nie. Ich war acht Jahre alt, als ihr erstes Album erschien. Es ging komplett an mir vorbei. Großartige Musik, aber sie hat mich nie beeinflusst. Mani, der Bassist der Roses, ist ein guter Freund von mir. Er beeinflusst mich als Mensch, aber die Musik?

Werden Sie auf eine der Reunion-Shows gehen?

Ich glaube, dass wir parallel dazu selbst Konzerte geben. Aber selbst wenn nicht: Ich habe die Stone Roses nicht vermisst.

Noel Gallagher’s High Flying Birds – „STOP THE CLOCKS“

Das ist von Noels Soloplatte.

Sagen Sie mir bitte, falls es Sie nervt, ständig auf Noel angesprochen zu werden.

Nun, was schätzen Sie?

Sie sind genervt.

Nicht genervt, aber ich glaube, dass zu unserem Verhältnis bereits alles gesagt wurde.

Aber wir sind ja prinzipiell hier, um über Musik zu sprechen.

Die Platte ist zu hundert Prozent Noel. Wunderschönes Songwriting. Aber persönlich freue ich mich mehr auf seine nächste Platte, die versponnene. Das liegt mir mehr.

Pink Floyd -„SEE EMILY PLAY“

(nach einer Sekunde) Syd! So gut, so, so gut.

Ist das für Sie Elternmusik?

Nein, sie lief zwar zu Hause, aber sie kam aus meinem Zimmer. Mein Dad stand auf John Lee Hooker, Chuck Berry und die Stones. Meine Mum, die hatte einen Scheißgeschmack, Enya und so. Meine Schwester hörte viel The Smiths und The Jam. Aber dieser psychedelische Kram, der kam von mir. Syd Barrett ist eins meiner absoluten Idole. Eines Tages will ich sein Level erreichen. Vielleicht brauche ich acht Alben, bis ich da bin. Aber ich werde es versuchen.

Sergio Lorenzo Pizzorno kam am 15. Dezember 1980 im englischen Newton Abbot/Devon als Sohn einer Britin und eines Italieners zur Welt. Er wuchs in Leicester, einer knapp 300 000 Einwohner starken Stadt in der Region East Midlands, auf. Dort gründete er 1997 mit Tom Meighan die Band Saracuse. 1999 erfolgte die Umbenennung in Kasabian. Bislang haben die Elektrorocker vier Studioalben veröffentlicht, die letzten drei davon erreichten die Nummer eins der UK-Charts.