Easy Money


Früher ging eine Band auf Tour, um ihr neues Album zu promoten. Heute tut sie es, um T-Shirts zu verkaufen. Und Poster, Tourjacken, Aufkleber, Anstecknadeln, Feuerzeuge, Badetücher und Kopfkissen. Das „Merchandising“ ist im Musikgeschäft der 87er Jahre ein wirtschaftlicher Faktor geworden, der alle anderen Einnahmequellen in den Schatten stellt. ME/Sounds untersuchte, wie und wohin der Rubel rollt.

A1s im Dezember ’87 nach der Whitesnake-Show in Birmingham die Merchandising-Kassen geleert werden, bekommen die i Herren Manager große Augen: Knapp 250 000 Mark Umsatz bei einem einzigen Gig! Auf jeden Besucher entfielen damit durchschnittlich 20,— DM. Coverdale & Co., die auf der gesamten Tournee im Schnitt für 15,— Mark Ware an den Mann brachten, durften sich rühmen, einen neuen europäischen Merchandising-Rekord aufgestellt zu haben.

Eigentlich ein Witz: Da stellen sich Leute freiwillig zur Verfügung, um für Musiker Werbung zu betreiben.

deren Konzertkarten und Alben sie schon erworben haben. Und für dieses „Privileg“ bezahlen sie auch noch Geld. Viel Geld.

Als U2 im Rahmen ihrer „Joshua Tree“-Tour im Wembley-Stadion gastierten, boten sie eine komplette Merchandiser-Armee auf: Mehr als 200 Personen sorgten für den Verkauf der Kollektion — 150 davon als Verkäufer, 50 als „Merchandising Security“ (die den Verkauf von nicht offiziellen U2-Produkten unterbinden), 15 als Nachschub und vier Leute als „fliegender Einsatztrupp“ für Reparaturen.

Der Aufwand machte sich bezahlt. Nach Abschluß der Welttournee gab das Büro der irischen Band bekannt, daß allein über zwei Millionen T-Shirts verkauft wurden: die ausgefallenen Ausführungen als Sweatshirts, Jacken und Polohemden nicht eingerechnet.

Doch U2 sind damit noch lange nicht die Spitzenreiter der Merchandising-Charts. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten schießt auch hier den Vogel ab. Bon Jovi schafften es auf ihrer letzten, 200 Konzerte umfassenden US-Tournee, Souvenirs im Wert von 80 Millionen Dollar abzusetzen. Jeder der vier Millionen Konzertbesucher investierte somit durchschnittlich 20 Dollar. Da die Band mit 30 bis 35 Prozent am Endverkaufspreis beteiligt ist, wird der Merchandising-Erlös auf 24 (!) Millionen Dollar geschätzt.

Eine unglaubliche Summe, die auch folgende kleine Episode — unter Merchandisern wird sie immer wieder genüßlich erzählt — glaubhaft werden läßt: An dem Tag, als Bon Jovi bei der Phonogram ihren Plattenvertrag unterzeichnen sollten, ließen sie die Anwälte und A&R-Leute der Plattenfirma einen ganzen Nachmittag lang warten. Sie hatten zur gleichen Zeit ein Treffen mit ihrem künftigen Merchandiser — und dieses Meeting erschien ihnen wichtiger.

Tour-Merchandising ist heutzutage ein vollcomputerisierter, multinationaler Geschäftszweig und hat nichts mehr zu tun mit den dilettantisch hergestellten Kartoffeldruck-T-Shirts der Woodstock-Ära.

Angefangen hatte alles allerdings sogar lange vor Woodstock. Das behauptet jedenfalls Albert Goldman, Autor einer Biographie über Elvis Presley, in der er die Geburtsstunde des Musik-Merchandisings auf das Jahr 1956 datiert. Zu dieser Zeit habe man in den Foyers der Konzerthallen den ausgefuchsten Elvis-Manager Colonel Tom Parker dabei gesehen, wie er handsignierte Elvis-Fotos (die natürlich von ihm selbst gefälscht waren) und kitschige Elvis-Souvenirs für einen Dollar verhökerte.

Ähnliche Einzelaktionen von findigen Verkaufskanonen, die im Windschatten der neuen Popstars die schnelle Mark witterten, waren auch in den 60ern zu verzeichnen. So meldete das „Wall Street Journal“ im Jahre 1964. daß den Beatles durch den unlizensierten Verkauf von Waren, die ihren Namen und ihr Logo benutzten, nicht weniger als fünf Millionen Dollar durch die Lappen gegangen seien.

Trotz dieser Summen: Zu diesem Zeitpunkt kümmerte sich keiner um die Lizensierung von Souveniers. Das professionelle Merchandising heutiger Prägung begann Angfang der 70er Jahre auf großen amerikanischen Open-Air-Festivals. T-Shirts von diesen Veranstaltungen wurden damals innerhalb kurzer Zeit zum wesentlichen Bestandteil angesagter Teenager-Mode. Man konnte damit dokumentieren, daß man dabei gewesen war und zudem seinen musikalischen Geschmack offen zeigen. Und: Rock-T-Shirts waren für die Kids das optimale Vehikel, um ihre Eltern zu provozieren.

Die Rolling Stones waren Mitte der 70er Jahre die erste Band, die viel Energie und Engagement in das Tour-Merchandising investierten. Und ihr Einsatz wurde belohnt: Da die Stones ’76 mit enormem technischen Aufwand tourten und jede Show ein riesiges Produktionsbudget verschlang, blieben Jagger & Co. am Ende der Tournee nur eine Million Dollar Profit aus dem Merchandising-Geschäft.

Spätestens nach dieser Stones-Tour wachten die Rockstars auf und registrierten, wieviel Geld hier zu scheffeln war. Viele Acts begannen, sich spezielle Namens-Schriftzüge zuzulegen (z.B. das seitenverkehrte B in ABBA) und diese unter Urheberschutz zu stellen, um sich so vor Piraterie zu schützen. Und die Stars machten sich auch nun gezielt Gedanken, welche Merchandising-Kollektion zu ihrer Anhängerschaft wohl am besten passe.

Bei diesen Überlegungen stießen die Künstler allerorten auf offene

Ohren und Türen. Denn Merchandising hatte sich mittlerweile zu einem professionellen Industriezweig gemausert.

Hauptsitz der internationalen Merchandiser ist London. Hier hat auch die englische Agentur ACME Total Merchandising ihr Hauptquartier, eines der führenden Unternehmen in Europa. Die Geschichte von ACME ist typisch für die gesamte Branche. Mitte der 70er versorgte ACME Clothing, wie die Firma damals hieß, die lokalen Punks mit entsprechendem T-Shirt-Material. Die Firma expandierte, stellte die Kleidungsstücke selbst her und vertrieb u.a. unlizensierte T-Shirts mit Sex Pistols und Clash-Motiven.

Die Macher von ACME waren auf eine Goldader gestoßen. Mittlerweile findet die Produkt-Palette der Company ihren Niederschlag in eii nem dicken Hochglanz-Katalog, in dem 150 verschiedene T-Shin-Kol-I lektionen vertreten sind. Die Firma bietet ihren Klienten einen kompletten Service an: Man besitzt ein eigenes Design-Studio, die entsprechende Textilfabrik, einen Mailorder-Versand, regelt die Auslieferung zu den Tournee-Spielorten, baut die Verkaufsstände auf und stellt auch das Personal. Aber nicht alle Bands wollen diese Vollbedienung in Anspruch nehmen. ACME-Boss Peter Collins bietet den Bands daher drei verschiedene Formen der Zusammenarbeit an.

Der erste Weg ist ähnlich wie ein Platten-Deal: Die Gruppe unterschreibt bei der Company, vergibt damit alle Rechte für die Vermarktung des Band-Logos und erhält dafür sogenannte“.Royalties“. die beim Merchandising gewöhnlich rund 30 Prozent des Endverkaufspreises einer Ware betragen.

Die beiden anderen Vertrags-Varianten schließen die Band in den Merchandising-Prozeß mit ein: Die Gruppe kauft die bedruckte und verpackte Ware zu Großhandelspreisen und organisiert den Verkauf in eigener Regie.

Bei einer solchen Geschäftsabwicklung sind zwei verschiedene Kooperations-Optionen zwisehen Merchandiser und Musiker üblich. Es hängt davon ab, ob sich ein Künstler bei der Zusammenstellung seiner Merchandising-Kollektion beraten lassen will oder nicht. Peter Collins erklärt: „Wir beraten die einzelnen Aas etwa darin, wieviel Textil-Material sie für welchen Tour-Ort veranschlagen können, wie sie die Verkaufsstände optisch herrichten können und geben ihnen die Garantie, daß wir nach der Tour alle nicht verkauften Waren wieder zurücknehmen. Und wir setzen uns vor der Tour natürlich mit unseren Klienten zusammen und empfehlen die Kollektion, die uns für die jeweilige Band am geeignetsten erscheint.

Wir wissen halt vom Gefühl her, daß man eine Suzanne Vega-Baseball-Kappe schlecht verkaufen kann, aber mit einer schwarz-weißen Wolljacke mit ihrem Monogramm genau richtig liegt. Man braucht gar nicht erst versuchen, ein Megadeath Polo-Shirt auf den Markt zu werfen, weil es einfach nicht zu dem Act paßt. Aber mit einem übergroßen Public Enemy-Sweatshirt. mit einer schnoddrigen Anthrax-Flickenjacke oder einem Shirley Bassey-Qualitäts-T-Shin mit goldbestickter Signatur wird man seine Käufer finden. “

Es gibt aber auch Bands, die auf jegliche Beratung verzichten. Für sie bieten Collins & Co. einen reinen Großhandels-Deal an, wo ACME nur als Hersteller auftritt und versucht, für die Band möglichst preiswert zu produzieren.

„Die Einstellung der Gruppen zum Merchandising hat sich in den letzten Jahren geändert“, weiß Collins. „Früher haben sich die Bands meist für den bequemen Deal entschieden, alle Rechte mit einem Vertrag aus der Hand gegeben und nur die Tantiemen kasuprl Hpulpfiit-

scheiden sich fast alle Künstler für die zweite Vertrags-Option, wollen aktiv am Merchandising-Prozeß teilnehmen.

Was ja auch verständlich ist. Die Bands wollen nicht in die Situation kommen, daß sie ihr Merchandising-Material zum ersten Mal bei ihrem Konzert am Verkaufsstand sehen und dann vielleicht für etwas geradestehen müssen, was sie gar nicht gut finden. Denn die enttäuschten Fans machen für die Merchandising-Kollektion immer automatisch die Musiker verantwortlich. “

Somit ist es auch nicht verwunderlich, daß ein Act. je größer er ist, mehr und mehr das Bestreben hat, seine Merchandising-Geschäfte selbst in die Hand zu nehmen. U2 sind hier ein gutes Beispiel. Bei ihrer gigantischen „JoshuaTree“-Tour entschieden sie sich für die dritte Vertrags-Option und bauten eine eigene Merchandising Company auf, die ACME nur noch als Warenhersteller einsetzt.

Die U2-eigene Company, die den Namen „Music Management Merchandising“ trägt, wird heute von dem ehemaligen ACME-Mitarbeiter Chris Parkes geleitet. Er zieht eine erste Zwischenbilanz: „Die eigene Firma bringt uns in eine Positton, wo wir den Mittelsmann, der beim Merchandising-Geschäft der Normalfall ist. ausschalten können. Folglich können wir auch die Preise niedrig halten und so unseren Fans einen Dienst erweisen. Wir haben die T-Shirts auf unserer letzten Tour für 7,50 Pfund das Stück verkauft, obwohl der Standard heute bei rund 10 Pfund liegt. Der Profit für die Band ist dennoch nicht geringer geworen, da wir die Kosten niedrig halten konnten und durch die billigen Preise erheblich mehr verkauft haben als üblich. “

Parkes weiß auch Grundsätzliches: “ Wenn man das potentielle Einkommen eines Top-Acts im Merchandising-Bereich vergleicht mit dem Einkommen aus dem Plattengeschäfl und dem Ticketverkauf, dann ist es berechtigt, wenn man sehr viel Aufmerksamkeit auf das Merchandising verwendet und nicht einfach mit einer Unterschrift seine Rechte an eine Agentur verscherbelt. Der Rock-Managrr der 80er Jahre schaut mit der gleichen Aufmerksamkeit auf die jüngsten Verkaufszahlen von Trent D’Arby Rugby-Shirts, Big Audio Dynamite-Hüten und Shakin Stevens-Kopfkissenbezügen wie er auf die Entwicklung eines Songs in den Charts schaut.“

In Deutschland ist das alles noch ganz anders. Da fristet das Merchandising-Business noch ein Mauerblümchendasein. „Von den astronomischen Umsatzzahlen internationaler Superstars können wir nur träumen“, bekennt Roland „Balou“ Temme.der als Manager von BAP den Merchandising-Verkaufseiner Band selbst organisiert.

“ Obwohl wir eine der treuesten nationalen Fangemeinden aufweisen, ist das für uns kommerziell uninteressant und geschieht nur aus der Motivation, unseren Fans einen Service zu bieten. Wir haben auf unserer ’86er Tour rund 20000 Textilteile verkauft. Aber wir mußten während der gesamten Tour zwei feste Leute für den Verkauf ¿

einstellen, in einem Kleiniransporter das Zeug umherkutschieren und hatten aufgrund der laufenden Kosten, obwohl wir auf rentable Boutiquen-Restwaren zurückgriffen, am Ende kaum etwas verdient und viel Aufwand getrieben. “

An der schwachen Marktstellung der deutschen Merchandiser wird sich auch so schnell nichts ändern, meint Felix Lettmarte aus Lingen. Er ist Chef der Firma „E.M.P. Merchandising“, des wohl größten deutschen Versand-Merchandising-Unternehmens, das vorwiegend im Hardrock-Bereich engagiert ist. Lettmarte beschreibt das Leid des nationalen Merchandisings: „Vor rund 15 Jahren kam ein paar cleveren Leuten aus England und den USA die Idee, Band-T-Shirts und andere Utensilien zu lizensieren. Die Leute haben dann, weil kein anderer so schnell geschaltet hat, den gesamten Weltmarkt unter sich aufgeteilt und keinen anderen Wettbewerber mehr hochkommen lassen.

Die Deutschen können daher nie zum Zuge kommen. Jede neu aufblühende Supergruppe wird sofort von den Branchenriesen einkassiert, weil nur die die entsprechende Finanzdecke besitzen. Und wenn wir dann die Rechte bei einer bestimmten Band für Deutschland einkaufen wollen, lassen es sich die großen Londoner Agenturen gut bezahlen. Deshalb kommen auch die zum Teil überhöhten T-Shirt-Preise zustande. “

Peter Zimmermann, der Boß von „Eldorado Merchandising Services“ in Duisburg, hat es da schon besser. Seine Firma besitzt Tochtergesellschaften in der Schweiz und den Niederlanden und hat Austauschverträge mit der großen Londoner Agentur „Bravado“. Aufgrund dieser Verträge ist Eldorado auch die einzige deutsche Agentur, die ihren nationalen Kunden bei Bedarf einen weltweiten Service anbieten kann. Peter Zimmermann, der nationale Acts wie Warlock, die Rainbirds. die Münchener Freiheit und Marius Müller-Westernhagen unter Vertrag hat, sieht das deutsche Merchandising nicht als zweitklassig an: “ Wir arbeiten genauso professionell wie die Engländer, was „^f man auch daran sieht, daß Bra- ‚ vado von uns fertiges Produkt bezieht. Auch in den Größenordnungen können wir streckenweise mithalten. Wir machen etwa die, Monsters of Rock‘ und erreichen da Absatzzahlen, wie sie bei den vroßen internationalen Festivals in den Staaten üblich sind.“

Und wie sieht die Zusammenarbeit mit den Bands aus?

Zimmermann: „Das ist unterschiedlich. Es gibt einige Bands, die kommen mit dem fertigen Produkt-Vorschlag an. Aber die meisten wollen doch in der Wahl der Kollektion beraten werden. Wir machen auch ganz unterschiedliche Sachen: von den eher kon ventionel/en T-Shirt/Sweat-Shirt-Kollektionen im Hardrock-Bereich bis hin zu modischen und ausgefallenen Sachen bei Acts wie der Münchener Freiheit. “

Gerade im Hardrock-Merchandising rollt der Rubel, aber auch die riesigen Open-Airs von Michael Jackson, Pink Floyd, Bruce Springsteen und Whitney Houston werden für die Merchandiser wahre Freudentage. Denn es gilt als alte Weisheit unter den T-Shirts-Verkäufern: je größer das Konzertereignis, je größer auch das Bedürfnis der Fans, ein Souvenir von der Veranstaltung zu erstehen. Anders ausgedrückt: Bei einem Konzert mit 5000 Zuschauern wird deutlich mehr Ware umgesetzt als bei zehn Konzerten mit 500 Zuschauern.

Und noch etwas trägt zum derzeitigen Merchandising-Boom bei: „Konzertgänger akzeptieren mittlerweile Merchandising als natürlichen Bestandteil eines Konzerts“, meint Jerry Hopkins. Er war in den 70er Jahren Tour-Promoter von Bands wie Jethro Tüll und UFO und wechselte ins Merchandiser-Lager. nachdem er bei einer der frühen England-Tourneen von Whitesnake beobachten mußte, daß die Merchandiser genauso viel Gewinn erzielten wie er, aber nicht so hohe laufende Kosten hatten.

„Konzerte“, sagt er, „sind heute nicht mehr mit dem Besuch einer Kino-Vorführung zu vergleichen, wo man sein Ticket am gleichen Abend kauft. Die Tickets für Konzerte werden heute doch in der Regel im Vorverkauf lange vor der Show gekauft. An dem Abend, wo das Konzert stattfindet, kommt es dem Fan vor, als habe er gar keinen Eintritt bezahlt. Er hat zwangsläufig

Geld übrig, was er dann meist in Merchandising-Produkte in vestiert. ^ Das Geschäft läuft praktisch ganz von allein. Man braucht nicht mehrstündige Marketing-Sitzungen abhalten, um einen angetrunkenen U2-Fan davon zu überzeugen, daß er unbedingt das gleiche T-Shirt wie Bono tragen muß. “ Dennoch: Bei den großen Merchandising-Absahnern ist lange nicht alles in Butter. Ihnen macht, genau wie der Plattenindustrie, die Piraterie schwer zu schaffen. Fachleute schätzen, daß von zehn verkauften T-Shirts zwei illegal abgesetzt werden. Die Merchandising-Piraten agieren heutzutage enorm professionell und sind mit ihren Produkten kaum schlechter als die offiziellen Anbieter. Ein Piraten-Unternehmen etwa, das Status Quo-Shirts in großen Mengen verkaufte, war dem lizensierten Material der Band derart überlegen, daß sie vom Band-Management kurzerhand engagiert und mit dem offiziellen Merchandising betraut wurden.

Doch die großen Merchandising-Agenturen sehen dem illegalen Treiben nicht tatenlos zu. Sie beauftragen spezielle Schnüffler, die das T-Shirt-Bootlegging auf Konzerten unterbinden sollen.

Vic Ballamy etwa hatte früher eine Konzert-Security-Firma, stieg dann aber ganz ins Merchandising-Geschäft ein. Und er kann sich vor Aufträgen kaum retten. „Die Piraterie-Verfolgung beginnt lange vor dem Konzertereignis“, erzählt er aus seiner Arbeit. „Da setzen wir uns mit der Polizei zusammen und beraten Maßnahmen. “

Obwohl Bellamy kürzlich zur Schließung einer Piraterie-Fabrik beitrug und nennenswerte Erfolge aufweisen kann, ist er von seinem Job frustriert: „Alles wäre viel einfacher, wenn alle Merchandiser an einem Strang ziehen würden. Doch viele Agenturen lassen den Piraten noch freiwillig den Souvenir- Verkauf vor der Halle oder den Stadien machen — und wir schauen in die Röhre. “

Der Geldsegen im Merchandising-Business hat natürlich auch die Plattenindustrie aufgeschreckt. Die amerikanische CBS-Gesellschaft Columbia hat sich bei „Winterland“, einer der größten. US-Merchandising-Companies, eingekauft. Ähnliche Geschäftsabschlüsse werden für die nahe Zukunft erwartet.

Die Motive der Plattenbosse sind klar: Da große Bands heute oft länger als ein Jahr auf Tournee sind, dienen Tourneen nur noch selten zur Promotion des aktuellen Albums.

Die Industrie hat somit keinen direkten Nutzen mehr an den Konzertreisen und buttert auf der anderen Seite noch sogenannte, vertraglich ausgehandelte „Tour-Support“-Gelder hinzu. Diese Ausgaben will man durch Beteiligungen am Merchandising-Geschäft möglichst weitgehend wieder hereinholen.

Denn wie sagte Merchandiser Jerry Hopkins noch gleich? „Es gibt viele Acts, die nur noch auf Tournee gehen, um T-Shirts zu verkaufen!“