EIN HOCH AUF DEN HALBLEITER


1 Moog Modular

Der Urahn aller Synthesizer, ab 1967 in Serie gebaut. Erste Wahl für passionierte Knöpfchendreher, die sich auch in einem Boeing-Cockpit wohlfühlen würden, für alle anderen eine echte Herausforderung. Die „Voltage Controlled Oscillators“ generieren in Verbindung mit diversen Filtern und Modulatoren nahezu unendlich viele Klänge – allerdings nur monofon. Will heißen: Es kann immer nur ein Ton gespielt werden. Was Wendy Carlos 1968 nicht davon abhält, mit den Moog-Modulen Barockmusik einzuspielen: SWITCHED-ON BACH heißt das Werk, ein Megaseller und Meilenstein der elektronischen Musik. Auch Popmusiker schalten den Moog ein – sofern sie es sich leisten können, denn die Hightech-Module sind sündhaft teuer. Für die Beatles („Here Comes The Sun“) kein Problem, The Doors leihen sich für „Strange Days“ den Moog des Synthie-Pioniers Paul Beaver. Die kosmischen Krauts Tangerine Dream gehen später mit den unhandlichen Kästen sogar auf Tournee.

2 Minimoog

Noch immer monofon und bedauerlicherweise nicht allzu stimmstabil, aber dennoch eine Revolution: Der 1970 vorgestellte Minimoog macht seinem Namen alle Ehre, ist handlich und halbwegs bezahlbar. Dank dreier Oszillatoren hat der Minimoog einen fetten Sound, nachzuhören etwa bei Kraftwerk („Autobahn“), Hot Butters Instrumentalhit „Popcorn“, Gary Numans „Cars“ und dem Basslauf von Abbas „Gimme! Gimme! Gimme!“. Gebaut bis 1981. Damals gilt der Minimoog als hoffnungslos veraltet, ein paar Jahre später bereits als absolutes Kultobjekt der Analog-Ära. Weshalb mit dem Minimoog Voyager 2002 ein offizieller Nachfolger erscheint, der noch heute erhältlich ist.

3 Arp Odyssey

Mit Polyfonie kann der 1972 als Minimoog-Konkurrent lancierte Odyssey leider noch nicht aufwarten. Aber immerhin ist er duofonisch ausgelegt und damit einer der ersten Synthesizer, auf denen man – aber hallo! – zwei Töne gleichzeitig spielen kann. Der Elektro-Pop steckt allerdings noch in den Kinderschuhen, Synthesizer werden vornehmlich von Prog-Rock-Kapellen verwendet, der Odyssey etwa von Manfred Mann’s Earth Band in „Blinded By The Light“. Zu hören ist er aber auch auf Klaus Schulzes PICTURE MUSIC von 1974 sowie dem Debütalbum des Yellow Magic Orchestras. Eigentlich teilt sich die Welt damals in Minimoog- und Odyssey-User, doch Kraftwerk benutzen auf AUTOBAHN und RADIO-AKTIVITÄT einfach beide Geräte – den Moog meist für die Bässe.

4 Sequential Circuits Prophet 5

Ab jetzt geht alles sehr schnell: 1975 liefert der auf Orgeltechnik basierende Polymoog begrenzte Mehrstimmigkeit, Oberheim Four-Voice und Yamaha CS-80 können das ein Jahr später sogar noch etwas besser, sind aber ebenfalls ziemlich teuer. Die vorläufige Krone der Schöpfung glänzt ab 1978, heißt Prophet 5 und entwickelt sich zum klassischen Analog-Synthesizer der 80er-Jahre. Polyfonie? Yes. Speichermöglichkeiten? Vorhanden, zumindest in bescheidenem Umfang. Erschwinglich? Durchaus. Benutzt von Depeche Mode („Everything Counts“), Kraftwerk („Die Mensch-Maschine“), The Cars („Let’s Go“), Duran Duran, New Order, Thomas Dolby, Eurythmics und vielen anderen mehr. Produziert bis 1984. Da ist das digitale Zeitalter bereits angebrochen.

5 Fairlight CMI

Synthesizer sind in den Siebzigern ohnehin keine Sonderangebote, aber der Fairlight CMI von 1979 sprengt alle Dimensionen: Fast 60 000 Mark sind für ein Gerät der ersten Serie zu berappen, dafür sind im Lieferumfang auch eine Tastatur und ein Monitor mit Leuchtstift enthalten. Das Digital-Sampling-Keyboard ermöglicht es erstmals, jeden beliebigen Sound – synthetisch oder natürlich – auf die Tastatur zu legen, die auf dem Bildschirm dargestellte Wellenform kann mittels Leuchtstift beliebig verändert und anschließend gespeichert werden. Revolutionär! Aber wie schon zehn Jahre zuvor beim Moog-Modul, sind es auch zunächst nur Großverdiener, die sich einen CMI leisten können. Peter Gabriel etwa und Kate Bush (NEVER FOR EVER). Im Verlauf der 80er-Jahre folgen The Art Of Noise („Into Battle“), Trevor Horn, Duran Duran und Depeche Mode Jan Hammer komponiert auf einem CMI das Thema zur TV-Serie „Miami Vice“.

6 Linn Electronics LM1

Schlagzeuger neigen zur Unzuverlässigkeit. Ganz anders der 1980 vorgestellte Drumcomputer LM1: Der läuft immer, braucht nur ein wenig Strom und klingt – für die damalige Zeit – mehr als passabel. Der Trick: Entwickler Roger Linn hat echte Schlagzeug-Sounds gesampelt, was den auf 100 Plätzen speicherbaren Beats ein halbwegs authentisches Flair verleiht. Synthetische Trash-Sounds sind nicht sein Metier, was die Kundschaft zu schätzen weiß: The Human League, Prince, The Art Of Noise, Depeche Mode und sogar der Schlagzeuger Phil Collins. LM1 ist in den Achtzigern zwar state of the art, doch den heute weitaus größeren Kultstatus genießt der Roland TR-808.

7 Roland TR-808

Laut zeitgenössischer Werbeprosa ist der 1981 im fernen Japan geborene Transistor Rhythm 808 „eine revolutionäre, computerkontrollierte Rhythmusmaschine, die bis zu 768 programmierbare Takte bietet“. Von der Bassdrum bis zum Handclap ist tatsächlich alles dabei, klingt allerdings nicht sonderlich naturgetreu, sondern schamlos künstlich, bei Bedarf brachial. Was manchen Künstlern jedoch sehr zupasskommt. Ursprünglich als preiswerter Ersatz-Drummer für Demo-Aufnahmen konzipiert, entwickelt sich TR-808 zum bevorzugten Taktgeber für Industrial, Electroclash, House, Techno und HipHop. Bei den Cocteau Twins und Public Enemy ebenso wie bei The Prodigy oder Snoop Dogg. Roland produziert zwar authentischer klingende Nachfolgemodelle, doch eingefleischte 808er bleiben ihrem Liebling treu. Bis heute. Gebrauchte Geräte sind vergleichsweise teuer.

8 Yamaha DX7

Digitalismus für alle! Der DX7 von 1983 ist zwar relativ komplex zu programmieren, liefert aber eine erstaunliche Klangvielfalt. Die polarisiert allerdings aufgrund ihrer digitalen Ausprägung: Die einen empfinden DX7-Sounds als kalt und steril, die anderen lieben ihn genau deshalb heiß und innig. Im Lieferumfang sind zwei ROM-Kassetten enthalten, was für 128 vorgefertigte Klänge reicht, die weithin verändert werden können. Midi, also die Echtzeitkommunikation mit anderen Geräten, ist bereits an Bord, der Preis hält sich dennoch in Grenzen. Weshalb der DX7 bis zum Produktionsende 1989 zum meistverkauften Synthesizer weltweit avanciert. Der DX7 ist der klassische Digital-Synthie der 80er-Jahre, von Front 242 ebenso benutzt wie von Depeche Mode, Elton John, den Beastie Boys und – natürlich – Kraftwerk.

9 Akai S900

Der Wunsch, aus Klangschnipseln Musik zu erschaffen, lässt Avantgardisten schon in den Fünfzigern wilde Tonband-Loops zusammenmischen, der Fairlight CMI perfektioniert das Prozedere, ist aber kaum erschwinglich. Ganz anders der Akai S900, 1986 vorgestellt und im Gegensatz zu seinen Vorläufern der S-Serie auch für professionelle Anwendungen gut gerüstet. Der Speicher von 750 KB ist aus heutiger Sicht zwar lächerlich, doch immerhin kann sich S900 32 Samples merken und acht davon gleichzeitig abspielen – zwölf Sekunden bei bester Auflösung, 63 Sekunden im Lo-Fi-Modus. Ein legendäres Gerät, dank 12-bit-Auflösung mit vergleichsweise „analogem“ Sound. Seinerzeit benutzt von Depeche Mode, Dr. Dre, dem New-Age-Schönklinger Vangelis und zahllosen anderen. Doch alsbald ist die Ära von Diskettenlaufwerken und 19-Zoll-Blechkisten vorbei. Der Sampler entwickelt sich von der Hard-zur Software.

10 Korg M1

Ein Schicksal, das zunehmend auch dem klassischen Synthesizer droht, doch 1988 feiert noch schnell Korgs M1 Premiere: ein wahrhaftes Universalgerät, das als erste bezahlbare Workstation in die Geschichte eingeht. Sampling-Keyboard, Sequencer, Drum-Machine, Effektprozessor – alles drin, alles dran, hübsch kompakt und zum vertretbaren Preis. Weshalb M1 zur Nr. 2 der ewigen Synthie-Bestseller aufsteigt. Zu den prominenten Anwendern zählen The Cure, The KLF, Depeche Mode, Gary Numan, 808 State und Bomb The Bass, doch die Masse der knapp 5 000 Mark teuren Geräte geht an Studios, die damit schnell und günstig aussagekräftige (Vor-)Produktionen erstellen können. Von kundiger Hand programmiert, liefert M1 immerhin eine komplette Performance. Was letztlich auch Alleinunterhalter zu schätzen lernen, die im M1 vor allem eines sehen: ein tragbares Orchester.