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Es gab Zeiten, da konnte man als Musiker kaum verruchter sein als Adrian Thaws alias Tricky. Diese Zeiten mögen mittlerweile vorbei sein, Tricky ist älter und milder geworden. Das hält ihn allerdings nicht davon ab, sich während des Gesprächs mit uns einen Joint anzuzünden – in einem Nichtraucher-Hotel! Und Prince bringt ihn immer noch auf die Palme: „So ein Idiot!“

1 POLIZEI

Mit 17 Jahren verbrachte Tricky ein paar Wochen in Jugendhaft, nachdem er mit gefälschten 50-Pfund-Scheinen erwischt wurde.

Wenn wir als Kinder irgendwo rumgehangen haben, kamen Polizisten mit ihren Autos vorgefahren und knallten mit den Türen, um uns aufzuscheuchen. Wenn wir weggerannt sind, liefen sie uns hinterher und nahmen uns fest. Ich war jung und sie waren rassistisch. Meine Familie war in Bristol bekannt, vor allem bei der Polizei. Die Polizisten hatten solche Angst vor meinem Onkel, dass sie sich kaum zu uns trauten – auch als sie ihn per Haftbefehl festnehmen sollten.

2 BOXEN

Im Alter von 14 Jahren begann Tricky mit dem Boxen, dem Sport seiner Familie.

Mein Uropa war Boxer, mein Opa war Boxer, alle meine vier Onkel boxen. Boxen war mal etwas sehr Britisches. Ich habe mit 14 angefangen. Boxen ist der Sport unserer Familie. Meine Onkel haben auch bei Faustkämpfen auf der Straße geboxt, zum Spaß, ohne Handschuhe. Wenn jemand zu meinen Onkeln etwas in einer Bar sagt, hauen sie ihn um. Meine Generation der Familie ist weicher. Das letzte Mal, als ich in eine Schlägerei geraten bin, war vor zwei Jahren in Paris: Ich war mit einem Freund in einer Bar. Jemand sagte etwas zu meinem Kumpel und er schlug ihn nieder. Dann kamen Leute aus anderen Bars und alles war schnell vorbei.

3 BONG

Als sein letztes Album, MIXED RACE, rauskam, wollte Tricky aufhören zu kiffen.

Ich habe Pfeifen noch nie gemocht. Ich habe als Jugendlicher hin und wieder mal Bong geraucht, aber ich fand es immer ein bisschen zu viel, ein bisschen zu stark. Ich mochte Spliffs immer lieber. Die Frage ist doch immer, wie stoned du werden willst. Ich habe immer geraucht, aber ich wollte nie so high werden, dass ich mich nicht mehr bewegen kann. (beginnt, sich einen Joint zu drehen)

4 MARTINA TOPLEY-BIRD

Die Künstlerin hat so viele Songs auf seinem ersten Album gesungen, dass manche Kritiker „Tricky“ für ein Duo hielten.

Sie ist die Mutter meiner Tochter. Früher haben wir Musik gemacht, jetzt sprechen wir fast nur noch über unsere Tochter. Sie ist 18 und geht demnächst zur Uni. Musik, Erfolg, Alben – das ist dann alles nicht mehr so wichtig. Sie ist jetzt das wichtigste in unserer beider Leben.

5 TRICKY AUF DEM „ROLLING STONE“-COVER

Trickys aktuelles Album heißt FALSE IDOLS, falsche Idole.

Solche Hefte werden veröffentlicht, gelesen und weggeworfen. Bilder von mir sind mir egal. Einzige Ausnahme: Eine junge Russin hat mir mal eine Zeichnung von mir geschickt. Die habe ich gerahmt und aufgehängt.

Hast du Angst, für jemanden ein falsches Idol zu sein?

Popstars sind falsche Idole. Ich nicht, ich bin für niemand ein Idol. Leute, die meine Musik hören, sind intelligent. Manchmal setze ich mich nach einem Konzert zu meinen Besuchern, rauche eine Zigarette oder trinke ein Bier mit ihnen. Aber ich bin nicht ihr Idol.

6 MASSIVE ATTACK

Tricky war in den mittleren 80er-Jahren Teil des Soundsystems Wild Bunch, aus dem Massive Attack hervorgingen.

Ich habe den Sänger von Massive Attack, 3D, neulich gesehen. 3D ist ein Popstar. Er liebt es, 3D zu sein. No disrespect, ich könnte ihm das auch ins Gesicht sagen. Er kam zu mir nach Paris, wir verbrachten etwas Zeit im Studio. Nachdem er wieder in London angekommen war, schrieb er mir und fragte, ob ich nicht mal mit ihm auflegen wollte. Da dachte ich mir: Wir können gerne zusammen arbeiten, aber deswegen sind wir noch keine Freunde. Wir waren auch niemals Freunde, nicht mal, als wir in einer Band waren. Ich habe schon Freunde. Ich weiß nicht, ob 3D zwischen Beruf und Privatleben unterscheiden kann. Er will einfach nicht allein sein.

7 PISTOLE

Als Tricky noch in den USA wohnte, ging er regelmäßig zum Ballern auf einen Schießplatz.

Ich hab‘ mal in L. A. gewohnt. Einer der Gründe, warum ich von dort wieder weggezogen bin, war die dortige Waffen-Kultur. Ich hatte eine Uzi unter dem Bett. Meine Putzfrau kam, und sie brachte immer ihre Kinder mit. Ihr Sohn – ich glaube, der war damals erst sieben Jahre alt – fand die Waffe und probierte sie aus. Die Kugel ging durch die Wand in die nächste Wohnung. Gott sei Dank wurde niemand verletzt. Ein Kumpel von mir und ich wurden deswegen kurz festgenommen. Man verletzt sich mit den Dingern schneller selbst als jemand anderen.

8 AUF DER BÜHNE

Nach dem Erfolg von MAXINQUAYE hasste Tricky den Hype um seine Person.

Auf solchen Bildern kann man nicht erkennen, wie jemand wirklich ist. Eine Bühnenfigur ist kein realer Mensch, die gibt dir keine Aufschlüsse. Ich war lange Zeit ein Fan von Prince, aber Prince ist ein Idiot. Er ist so ein Idiot! Ich habe keinen Respekt für ihn. Bei all der unglaublichen Musik, die er gemacht hat, dachte ich, er müsse bestimmt ein cooler Typ sein. Aber bereits nach zwei Sekunden mit ihm merkt man, was für ein Mensch er wirklich ist, und kann keine zwei Sekunden länger bleiben. Ich würde nie auch nur eine Tasse Kaffee mit ihm trinken.

Albumkritik ME 6/13

Tricky kam 1968 in Bristol zur Welt. Sein Vater verließ die Familie vor Trickys Geburt, seine Mutter nahm sich das Leben, als er vier Jahre alt war. Tricky mied die Schule, schaute lieber Horrorfilme. Sein Debütalbum MAXINQUAYE war 1995 ein überwältigender Kritikererfolg. Tricky wurde zum Star des neuen Genres TripHop. Soeben erschien sein zehntes Studioalbum FALSE IDOLS. Er lebt in Paris.