Hubert von Goisern etabliert sich mit Expeditionen nach Afrika und Indien jetzt endgültig als Botschafter ambitionierter Volksmusik.


So recht glauben mochte man es ihm ja nicht, als er im November 1994 sein letztes Konzert mit den Alpinkatzen gab. Schließlich hatte sich Hubert von Goisern eine Reputation als gutes Gewissen traditioneller Volksmusik erspielt, indem er sie erneuerte. „Ich weiß nicht“, erklärte er damals seinen überraschenden Rücktritt, „ich brauche vor allem Ruhe, um über die Dinge nachzudenken, die mir persönlich wichtig sind. Es verschieben sich einfach die Wertigkeiten.“ Verdammt weit haben sie sich verschoben, über den Äquator und über den Hindukusch. Denn neben seinen Arbeiten für Film und Fernsehen -er komponierte u.a. die Filmmusik zu Vilsmaiers „Schlafes Bruder“ und war als Schauspieler in „Hölleisengretl“ zu besichtigen – zog es den Mann aus dem Salzkammergut zunächst nach Uganda, um dort eine Dokumentation über die Verhaltensforscherin Jane Goodall zu drehen. „Die Idee zur Filmmusik kam von Jane“, erinnert sich von Goisern: „Einige ihrer Schimpansen leben heute in einem Zoo in den USA.

Und sie bat mich, aus den Tonaufnahmen eine Klangcollage zu basteln, die den Tieren wenigstens akustisch ein gewohntes Umfeld suggerieren sollte. Ich ging aber noch einen Schritt weiter.“ So hat von Goisern für „Gombe“ nicht nur afrikanische Musik, sondern auch Wind, Regen, Wellen, Vogelstimmen, Insektensummen und – natürlich-die „Gespräche“ der Affen selbst zu einem fließenden, ambienten Album verdichtet.“Der Versuch war’s wert“, erklärt der Weltenbummler mit einem leichten Schulterzucken. Dabei fischt er sich eine weitere Biddie aus der Packung – diese indischen Zigaretten, die aus einem gerollten Tabakblatt bestehen.“Die habe ich mir aus Dharamsala mitgebracht, der Exilresidenz des Dalai Lama. Schmecken prima, kriegt man hier nur leider nicht.“

Einer wie von Goisern macht natürlich keinen Urlaub im nordindischen Himalaya, er macht Musik. Zusammen mit dem 30köpfigen Ensemble des renommierten Tibetan Institute Of Performing Arts begann er im dortigen Ashram die Aufnahmen zu „Inexil“: „Die Erlaubnis dafür mußte ich mir vom Dalai Lama persönlich holen. Ich schilderte ihm, was ich bezweckte, und durfte die Musiker für den letzten Schliff schließlich zu mir nach Salzburg, einladen.“ Dort galt es, die künstlerische und kulturelle Kluft zu überwinden: „Tibetanische Musik ist älter als die Pyramiden und entbehrt in westlichen Ohren jeder Struktur,“ meint von Goisern, „ich wollte versuchen, diese besondere Art der Volksmusik behutsam in die Moderne zu übersetzen-und auf die Unterdrükkung der Tibeter hinweisen. Ich denke, das ist uns auch ganz gut gelungen.“

Ebenso wie sein ewiges Projekt, Volksmusik dem Tümelnden zu entreißen und einer Metaebene zuzuführen. Ganz ohne Ethnokitsch. Und ohne Alpinkatzen.