Interview mit Rick v. d. Linden von Ekseption


Ein Interview mit Rick v. d. I Linden, Komponist, Arrangeur und Organist der Ekseption, kann man nicht einfach so fzwischendurch machen. Rick hat so viel zu erzählen, dass er einen einen vollen Nachmittag in Schach halten kann. Wir hatten verabredet, dass ich ihn in Amsterdam abholen würde, wo er gerade ein klassisches Konzert vorbereitete. Ich fand ihn, an einem imposanten Steinway-Flügel sitzend und Bach spielend. Rick v. d. Linden, ein Liebhaber klassischer Musik, wie er selbst sagt, macht zur Zeit Popmusik mit klassischem Einschlag. Seine Zukunft? Der Konzertsaal, das Studio oder Popmusik vor begeisterten Fans? Er erzählte uns so einiges darüber. Das geschah manchmal etwas hitzig, manchmal ruhig und sicher ein wenig arrogant. Eitel und sehr, sehr selbstbewusst ist er. Und das ist gleichzeitig seine Formel für den Erfolg, Ein Mann, dessen Streben nach vollständiger Perfektion ausgeht. Kürzj lieh noch verschwand Steve Allet, Sänger der Ekseption, von der Bühne. Rick I v. d. Linden, de r gro sse Meister, wollte es so…

Wie gefällt es euch jetzt so ohne Sänger?

Ausgezeichnet! Manchmal frage ich mich, warum wir das nicht viel eher getan haben.“.Instrumental ist Ekseption nun mal am stärksten, was deutlich aus dem Plattenverkauf hervorgeht. Wir haben seinerzeit versucht, den Gesang dazuzunehmen, aber das Resultat war schwach. Wir haben uns ein instrumentales Image aufgebaut, von dem wir schwierig wieder abkommen können. Die Gesangsplatten wurden vom Publikum einfach nicht akzeptiert, obgleich sie eigentlich ziemlich kommerziell waren. Aber eine Platte der Ekseption mit Gesang war schon von vornherein zum Scheitern verurteilt. Steve hatte gute Qualitäten. Er hat unsere Gruppe bestimmt nicht verlassen, weil er nicht gut genug war. Die Erfahrung hat uns lediglich gelehrt, dass zu uns nun mal kein Vokalist passt. Übrigens sind wir ganz auf Konzerttour übergegangen. Auftritte von ganzen Abenden wurden auf zwei Mai eine dreiviertel Stunde reduziert, mit einem Vor-Programm von einer halben Stunde. In diesem Programm haben wir den Bluessänger Harry Shäfer, mit dem ich sehr bald eine LP aufnehmen werde. Um nochmal auf Steve zurückzukommen — der Junge bekam manchmal an einem Abend nicht mehr zu tun, als zwei Stücke zu singen. Man kann ganz einfach die 15. Symphonie oder den Säbeltanz nicht vor einem Gesangsstück fallen lassen, denn das Publikum will immer gerade diese Stücke hören. Die Atmosphäre innerhalb der Gruppe litt irgendwie darunter. Die eine Hälfte hatte Mitleid mit Steve, weil er so wenig zu tun bekam, obwohl jeder begriff, dass es nicht anders ging. Auf diese Weise führte die Anwesenheit eines Sängers in unserer Gruppe ganz einfach zu Spannungen. Jetzt, wo er weg ist und wir wieder eine rein instrumentale Gruppe sind, gehört das alles glücklicherweise zur Vergangenheit. Natürlich haben wir schwer an unserem Repertoire arbeiten müssen und völlig neue Serien zusammengestellt. Aber die Schwierigkeiten sind gottsetdank vorbei. Wie wir hörten, plant Ihr, eine LP zusammen mit dem Brabants-Orchester aufzunehmen.

Kannst du uns darüber etwas erzählen?

Die Pläne haben sich inzwischen wieder total verändert. Das ganze Material für die vierte LP ist fertig. Auf der ersten Seite lehnen wir uns sehr an unser erstes Album an. Dies ist vielleicht eine altbekannte Formel, die sich jedoch als sehr erfolgreich erwiesen hat. Auf der B-Seite machen wir etwas ganz neues. Der Titel heisst „Symphonisches Gedicht für Popgruppe und Symphonieorchester“, das ganze ist völlig miteinander versponnen. Wir wollen erreichen, dass Popgruppe und Orchester ineinander übergehen. Das Endprodukt ist ein zwanzigminütiges Stück mit einem mathematischen Aufbau. Ursprünglich wollten wir das mit dem Brabants-Orchester aufnehmen, weil wir mit den Leuten gute Erfahrungen gemacht haben. Aber wir sind jetzt nach England gefahren und haben das Ganze mit dem grossen London Festival Orchester aufgenommen. Im Moment bin ich noch mit der Partitur beschäftigt, aber wenn ich damit fertig bin, reise ich nach London und komme mit dem vollständigen Orchester zurück. Die Platte wird vermutlich in etwa vier Monaten erscheinen. Übrigens hat dieses Orchester auch schon zusammen mit den Nice, Deep Purple und Moody Blues zusammengearbeitet. Dufte Sache also, so etwas schlägt immer ein!

Ist es nicht gefährlich, eine bestimmte Richtung aufzugeben und dafür Anerkennung bei Jung und Alt zu suchen?

Wir haben doch wohl eine sehr feste Linie. Unsere Richtung ist so stark, dass man eigentlich schon nicht mehr von einer Richtung sprechen kann. Unser Publikum ist durchschnittlich zwischen 20 und 30. Das sind die Leute, die unsere LP’s kaufen und also am wichtigsten für uns sind. Diese Fans bringen aber zu unseren Auftritten auch Leute mit, die unter 20 oder über 30 sind. Ich darf ruhig behaupten, dass wir Musik-Liebhaber von 12 bis 80 Jahren ansprechen. Das kann man bei unseren Konzerten ganz deutlich feststellen. Da kommt es zum Beispiel vor, dass alte Damen uns um ein Autogramm bitten. Sowas kommt wirklich vor — du lachst jetzt zwar darüber, aber du kannst mir ruhig glauben! Als wir damals mit der „Fünften“ herauskamen, waren wir nach Meinung vieler Leute sehr progressiv. Aber die „Fünfte“ wurde zu einem Hit und plötzlich war sie also kommerziell. Im Laufe der Jahre ist unsere Gruppe eine Allround-Formation geworden und wie ich schon sagte, kann man nicht mehr von einer bestimmten Richtung sprechen. Wir verwenden Material aus der Klassik, die ja zeitlos ist. Mit zeitloser Musik kann man sehr viel anfangen …

Wer und was ist nun eigentlich Rick v. d. Linden?

Schrecklich schwierig, sowas von sich selbst sagen zu müssen. Ich glaube, dass ich hr kompliziert bin für andere, für Leute, mit denen ich zusammen arbeite. Die übrigen Mitglieder der Gruppe müssen viel von mir einstecken, und das kommt daher, dass ich alles sehr genau nehme Perfektion ist für mich das wichtigste überhaupt. Ich strebe ständig nach Verbesserungen und höre nicht eher auf, als bis ich hundertprozentig zufrieden bin. Aber wer sich daran gewöhnt hat, arbeitet doch ganz gern mit mir zusammen. Ja, was soll ich sonst noch über mich erzählen…?

Gibst du zuhause auch so den Ton an wie bei deiner Arbeit?

Nein, eigentlich nicht. Du meinst doch gegenüber einer Frau? Ich fühle mich als echter Mann. Vielleicht klingt das ein wenig übertrieben, aber ich setze mich gern für etwas ein und möchte immer ein Ziel vor den Augen haben. Zuhause will ich nur als Mann dominieren, aber auch das nicht im übertriebenen Sinne. Ich mag Kinder sehr gerne und möchte später auch welche haben. Aber das kommt nicht eher infrage, als bis ich ganz fest davon überzeugt bin, dass mein Verhältnis zu der Frau so gut ist, dass es zu verantworten ist, sich Kinder anzuschaffen. Das Fundament muss auf jeden Fall stabil sein. Wenn man ein Haus im Sand ohne Fundament baut, stürzt es bald ein und das kann man auch auf die Ehe beziehen. Vom Fundament hängt alles ab. Alles, was man darauf aufbaut, kann noch so hässlich sein, aber es wird nicht einstürzen. Ein gutes Fundament ist überall nötig, auch in der Musik. Eigentlich gilt das für alles.

Was sind neben der Musik deine Hobbies?

Ich bin ein grosser Liebhaber der Natur. Einen ausgedehnten Spaziergang kann ich so richtig geniessen. Wenn ich das Grün der Bäume sehe, werde ich auch musikalisch inspiriert. Oft arbeite ich ein Musikstück im Freien aus. Abends kann ich stundenlang am Fernrohr sitzen undl die Sterne beobachten. Vielleicht kann man die Romantik auch zu den Hobbies zählen, auf jeden Fall liebe ich sie. Das ging wohl deutlich aus unserer letzten LP hervor, denn die bezieht sich auf das Buch „Le Petit Prince“.

Glaubst du an eine höhere Macht? Etwas oder irgendjemand, der deinen Lebensweg schon vorher festgelegt hat?

Nein, überhaupt nicht. Es ist ganz reiner Zufall, dass wir jetzt hier zusammensitzen. Jeder Mensch hat bestimmte Gaben, die er auf die richtige Weise entwickeln muss. Wenn bestimmte Talente stark genug ausgeprägt sind, werden sie sicherlich nicht unentdeckt bleiben. Meiner Meinung nach hat das mit einem Entschluss von einer höheren Gewalt nichts zu tun. Du kannst dein Leben genau nach eigenem Ermessen einteilen. Ich hasse Oberflächlichkeit. Nein, an eine höhere Macht glaube ich nicht. Ich bin Rick v. d. Linden, der genau weiss, was er tut und in Zukunft tun will. Daran kann niemand etwa ändern!“

Kümmerst du dich auch gelegentlich um die Probleme der Welt? Ich denke dabei an Kriege, soziale Fragen etc?

Ich beschäftige mich damit überhaupt nicht und es stört mich auch nicht. Diese Angelegenheiten können mich nur dann berühren,wenn sie mich selbst betreffen. Ich habe zu wenig Zeit, mich mit diesen Sachen zu befassen. Zeitungen, Zeitschriften und manchmal sogar meine Freundin Penny vernachlässige ich oft wegen meiner Musik. Die wenige Zeit, die mir übrigbleibt, verbringe ich im Bett — oft mit dem Fernseher vor mir. Nur dann öffnet sich mir die Welt, denn dann sehe und höre ich Dinge, von deren Existenz ich keinen blassen Schimmer hatte. Die Musikwelt, in der ich lebe, ist so reich, dass alle etwaigen Wünsche nach etwas anderem verlorengehen. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mich vielleicht mehr mit Politik auseinandersetzen. Aber ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben, so wie es zur Zeit ist. Warum sollte ich es also verändern?*