Kino


Film des Monats

Neues aus der Seelenküche

When You’re Strange

Von Tom DiCillo, USA 2010

*****

Zeigt mir den Weg zur nächsten Whiskey-Bar – und diese brillante Doku über die Doors.

Gesichter kommen aus dem Regen. Keiner erinnert sich an deinen Namen. Das sind die Dinge, die passieren, wenn man anders, merkwürdig, fremd ist. Sagen die Doors in „People Are Strange“. Erstere Aussage lässt sich nur schwer widerlegen, ich vermute aber, dass sie auch zutrifft, wenn die Menschen nicht anders, merkwürdig, fremd sind. Die zweite These ist Humbug. An die Doors erinnert man sich immer noch, 43 Jahre nach ihrem kometenhaften Aufstieg in der brodelnden Szene in L.A., 39 Jahre nach dem bis heute nicht geklärten Tod Jim Morrisons in einer Pariser Badewanne. Und Junge, die waren anders, merkwürdig, fremd. Der Gitarrist kam vom Flamenco, der Drummer vom Jazz, der Organist hatte eine klassische Ausbildung, der Sänger dagegen überhaupt keine, auf einen Bassisten wurde wohlweislich komplett verzichtet. Wie konnten die Doors nicht anders sein? Merkwürdig? Fremd? Was verblüfft ist der Fakt, dass sie immer noch relevant sind. Mehr noch: Dass sie es überhaupt jemals werden konnten. Tom DiCillo, Mitte der Neunziger nach Living In Oblivion mal eine der Hoffnungen des US-Indiekinos, in den letzten paar Jahren aber nur noch als Regisseur von Folgen der Serie „Law & Order: Criminal Intent“ in Erscheinung getreten, legt eine aufregende, auf sich selbst trippende Doku vor, die es dem Zuschauer erlaubt, sich ein eigenes Bild zu machen – und einen faszinierenden Gegenpol zu Oliver Stones nicht minder faszinierenden dionysischen Fiebertraum THE DOORS von 1991 zu bilden. Dies ist keine VH1-Doku. Danke. Es kommen keine Experten zu Wort, es werden keine Interviews mit verwitterten Scenesters oder Beteiligten eingeblendet. Stattdessen sorgt der von Johnny Depp kühl eingesprochene Off-Kommentar für Orientierung und Zusammenhänge. DiCillo arbeitet mit teilweise unveröffentlichtem Archivmaterial, Home-Movies, Fernsehaufnahmen der Zeit und hält sich nur dann an die lästige Dramaturgie gängiger 60s-Dokus, wenn er Zeitdokumente gegenschneidet und die Doors als eine Art Reiter der Apokalypse in die tumultartigen Tage von Vietnam, Studentenunruhen und der Morde an Kennedy und King einbettet. Vor allem aber lässt er die Musik sprechen, was nicht das schlechteste ist, wenn man es mit einer Band wie den Doors zu tun hat. Und natürlich den Lizard King selbst, der oft wie von einem anderen Planeten zu sprechen scheint – anders, merkwürdig, fremd.

Start: 13. Mai, www.fox.de

Please Give

Von Nicole Holofcener, USA 2010

****1/2*

mit Catherine Keener, Oliver Platt,

Rebecca Hall

Tell All: Es ist ein neuer Woody Allen in der Stadt.

Nicole Holofcener füllt die vakante Stelle für die Inszenierung neurotischer New Yorker Upper-Class-Komödien aktuell so überzeugend aus, dass Woody Allen noch länger in London bleiben kann, um seine gerade mal wieder zunehmend unlustigeren Filme zu drehen. Ihr erster Film seit FRIENDS WITH MONEY von 2006 findet die Filmemacherin in außergewöhnlicher Hochform, anhand der Geschichte eines wohlhabenden Ehepaars, das gerne die Nachbarwohnung für sich hätte, aber noch auf den Tod der 91-jährigen Bewohnerin warten muss – was für die beiden besonders schmerzhaft ist, weil sie unter beständigen Schuldkomplexen wegen ihres Reichtums leiden. Bis ins letzte Detail gut und genau beobachtet, ist PLEASE GIVE auch eine Spielwiese für die großartigen Schauspieler, allen voran Holofceners Alter ego Catherine Keener.

Start: 8. Juli, www.sonyclassics.com/pleasegive.de

Five Minutes Of Heaven

Von Oliver Hirschbiegel, GB 2009

*****

Liam Neeson, Jimmy Nesbitt

The Unknown Soldier: Hirschbiegels Showdown in Irland

Je enger der Raum, desto größer ist das Kino von Oliver Hirschbiegel. Je dichter die Atmosphäre, desto gewalttätiger ist die Sprengkraft seiner Inszenierung. Das traf auf DAS EXPERIMENT ebenso zu wie auf DER UNTERGANG, wurde bei INVASION sträflich missachtet – und kommt jetzt wieder zur Geltung bei diesem in Irland entstandenen Thriller über die verschiedenen Positionen im irischen Kampf. Hier ist es essentiell ein Zwei-Personen-Stück, Liam Neeson gegen Jimmie Nesbitt, die allen Grund haben sich zu hassen, weil der eine den Bruder des anderen vor 25 Jahren erschoss, und jetzt erstmals wieder aufeinandertreffen. Wäre der Film ein Teekessel, er würde unentwegt pfeifen: Wie Hirschbiegel die Räume immer enger macht, als könne man nur so die Wahrheit ans Tageslicht pressen, ist bravourös. Und – darf man’s in den Tagen der WM sagen? – besser als Fußball.

Start: 17. Juni, www.constantin-film.de

Eclipse – Bis(s) zum Abendrot

Von David Slade, USA 2010

(keine Wertung)

mit Kristen Stewart, Robert Pattinson,

Taylor Lautner

Waiting For The Sun: Was Sie niemals über Vampire wissen wollten …

Wenn man sich fragt, was man jetzt schon wieder Neues zu einem TWILIGHT-Film schreiben soll, gerade einmal ein halbes Jahr nach dem letzten, bei dem man schon nicht mehr recht wusste, was man der Vampirsaga noch abgewinnen kann, dann kann man sich ein Beispiel an der „Bravo“ nehmen. Denen fällt jede Woche ein neuer Furz ein, den sie getan haben – Robert! Kristen! Taylor! Aber Sinnvolles über den dritten Teil von Stephenie Meyers Enthaltsamkeitssaga erfährt man nicht. Härter soll es zugehen jetzt, weil irgendjemand geglaubt hat, David Slade, der Macher von überflüssigem Horrorschrott wie 30 DAYS OF NIGHT, sei eine gute Idee als Regisseur. Quel erreur! Folgerichtig hört man von Streitigkeiten zwischen Filmemacher und Produzenten, Ausgang ungewiss. Die Kinder, sie werden dennoch kommen und sich auch auf Teil vier freuen.

Start: 15. Juli, http://eclipse.twilight-filme.de

Predators

Von Nimrod Antal, USA 2010

(keine Wertung)

mit Adrien Brody

Riders On The Storm: Neues Futter für die Predatoren

Noch mal Hollywood, noch mal eine Fortsetzung, nach der niemand geschrien hat. Aber Fox will sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, ihre einstmals vielversprechende PREDATOR-Franchise zum dritten Mal an die Wand zu fahren. Zuerst mit dem unsäglichen PREDATOR 2, dann mit den noch unsäglicheren zwei ALIEN VS. PREDATOR-Filmen, jetzt mit einem Reboot (oder wie auch immer man es nennen will) nach einem Drehbuch von Robert Rodriguez, das das Studio vor ein paar Jahren schon einmal abgelehnt hatte. Nun gibt es immer noch Leute, die Rodriguez‘ aufgesetzten Desperado-Act mögen, die SIN CITY toll finden und auch Hirntotes wie PLANET TERROR verteidigen. Aufwachen! Der Mann hat soviel inszenatorisches Gespür wie eine Tortilla. Jetzt also der Predator. Möge er endlich in Frieden ruhen.

Start: 8. Juli, www.predators-movie.com