MTV Campus Invasion Bielefeld. Universität


Mit wechselnden Line-Ups zieht ein Wanderfestival über die Uni-Höfe der Republik. Hier mit Virginia Jetzt!, Fünf Sterne Deluxe und einer quirlig debütierenden Nelly Furtado.

So richtig schön und stimmungsvoll werden Konzerte im Freien ja meisterst, wenn’s dunkel ist. Insofern haben es die Veranstalter heute gut getroffen: Dunkel ist es schon den ganzen Tag hier, weil dicke Regenwolken über dem Campus der Uni Bielefeld parken. Passt aber zu dem schmuddeliggrauen Bauklotz im Hintergrund und ist sowieso ziemlich egal, wenn man erst einmal drinsteckt. in diesem Pulk von 10.000 gutlaunigen Menschen.

Die meisten laufen freilich erst ein, als sich Opener Winson mit Band und Vocoder schon durch seinen Post-NDW-Indie-Poprockgefrickelt hat. Viel verpasst haben sie nicht. Und jetzt eilt’s plötzlich doch: Virginia Jetzt! kommen und haben Stücke vom neuen Album Anfänger im Gepäck. Bassist Mathias Hielscher ballert noch kurz ein paar Noten „Seven Nation Army“ ins Rund und macht dann mit seinen Jungs los. Auf „Das ganz normale Leben“, den pianodominierten Aufmacher der neuen Platte, folgt ein auch live berauschendes „Liebeslieder und die Best-of-Essenz des letzten Albums. Tasten- und Gitarrenmann Thomas Dörschel verspricht: „Für alte, die hier im Regen ausharren, gibt’s nachher ein T-Shirt. Von den Beatsteaks. „Stimmt aber gar nicht. Von denen gibt es nur feisten Punkrock, Metal-Gepolter und das putzige Police-Cover „So Lonely“. Aber was heißt hier eigentlich „nur“? Mehr Stimmung ging vorhin nicht mal bei Fünf Sterne Deluxe, die da oben unter Massivbässen und Elektrogebritzel einen Hit nach dem nächsten rausgehauen haben: „Jaja, Deine Mudder“, „Die Leude“, „Dein Herz schlägt schneller‘ und vom Bo ein hibbeliges Solo-Medley. Allein das neue Material mag nicht recht zünden, was im Moment sinnbildlich ist für das Genre: Wohin mit dir, deutscher HipHop, wenn selbst diesen sonst so gewandten Hamburgern die Ideen auszugehen scheinen? Die Antwort bleibt später auch Samy Deluxe schuldig. Großposig spult der sich durch seinen Set und sagt zwischendrin Sachen wie: „Glaubt ihr, dass ihr was Besseres seid, weil ihr Abi habt und ich nicht? Haha!“

Charmanter ist da dann doch das Finale: Nelly Furtado konzertiert heute zum ersten Mal überhaupt in Deutschland. Vielleicht wieselt sie deshalb 50 aufgekratzt über die Bühne und fiepst und jauchzt nach jeder Textzeile. Oder sie ist einfach so euphorisch, weil zeitgleich in Portugal die Fuflball-EM angepfiffen wird – mit ihrer Hurra-Hymne „Forca“ als offizieller Turniermelodie. Hierin Bielefeld jedenfalls leitet dieser Song nach einigen quirlig-verspielten Folkpop-Momenten die Hitsektion ein. Und die gipfelt endlich in dem an sich famosen „Powerless“. DochwoistdasBanjo-Sampleaus Malcolm McLarens „Buffalo Gals“ hin? Verschwunden ist’s und damit viel Magie. Trotzdem macht sich Fräulein Furtado bezaubernd zum Schluss. Auch weil es ringsum dunkel ist. Und das zum ersten Mal heute nicht an den Regenwolken liegt.