Haldern 2012: weird, groovelastig, wahnsinnig


Das 29. Haldern Pop ist ein Übergangsjahr der besonders guten Sorte. Das Jubiläum 2013 wird da schon einiges zu bieten haben müssen.

Zuerst eine kleinere Neuerung für die zirka 7.000 Besucher im kleinen Dorf Rees. Normalerweise ist am Eröffnungstag nur das Spiegelzelt offen, wohingegen die Hauptbühne erst freitags Besucher zulässt. Ein Umstand, der stundenlanges Warten und viele enttäuschte Besucher mit sich bringt, da die meisten ihre umkämpften und mit viel Geduld bezahlten Plätze nicht so leicht hergeben möchten. Die Veranstalter des Haldern Pop 2012 reagierten auf die Kritik – und errichten für den Donnerstag eine weitere Stage mitten im Biergarten, auf jener der unangekündigte Überraschungsgast Kraftclub bei strahlendem Sonnenschein das Festival eröffnet.

Im Spiegelzelt dreht sich am Donnerstag alles um große Stimmen. Blues-Newcomer Willis Earl Bear, der aus wirklich jedem Blickwinkel wie ein junger Wesley Snipes aussieht und unter Rauchschwaden und einem schwarzen Umhang Liebe und jeden damit verbunden Schmerz aus sich presst, begleitet sich selbst mit Beats aus seinem Tonband und holt alles aus sich heraus, was er nur finden kann. Nach dem blutjungen Jamie N Commons, dessen Stimme schon als 22-Jähriger gefährlich nahe an Tom Waits ist, darf der „Screaming eagle of soul“ Charles Bradley in extravaganten Kleidern von seinem Aufstieg und der Liebe singen. Ein absolutes Highlight. Nach seinem überragenden Auftritt lässt er es sich nicht nehmen von der Bühne zu steigen und jeden zu umarmen, der sich nicht verstecken kann oder will.

Ebenfalls wieder im Einsatz ist die Haldern Pop Bar im Dorf, die durch einen Marsch von 20 Minuten zu erreichen ist. Dort beginnt am Freitag Newcomer Effie, der mit seinem sommerlichen Pop auch jene begeistert, die draußen vor dem Fenster stehen und nicht mehr hereingekommen sind. Für das große Spektakel ist dafür erstmals die Hauptbühne verantwortlich. Thees Uhlmann, Wye Oak, Dan Mangan und Ben Howard füllen die Reihen ganz von alleine. Die beiden letztgenannten debütierten bereits im vergangenen Jahr. Wer lieber im Spiegelzelt tanzt und schwitzt, muss auf treibenden Indie-Rock von Zulu Winter und Oberhofer nicht verzichten.

Schwitzen kann man auf dem diesjährigen Haldern aber eigentlich überall. Die Sonne bekommt selbst nicht genug und strahlt auch am Samstag mit den Zuschauern um die Wette. Der wahnsinnige Auftritt von tUnE-yArDs, die ihren weirden Afro-Pop mit Live-Samples und Trompeten verfeinern, reicht dafür schon völlig aus. Viele Fragezeichen über dem Kopf, aber es hilft alles nichts. Getanzt werden muss. Und das sehr gerne. Headliner am Abend sind neben den britischen Maccabees noch die Folk-Rocker von Wilco. Dann verabschiedet sich die Hauptbühne für ein weiteres Jahr. Den Schlusspunkt im Spiegelzelt setzen nach über 90-minütiger Verspätung dafür Alt-J aus Leeds. Trotz angekündigtem späterem Beginn harren die Besucher mit jedem Fitzel Rest-Geduld aus und erleben mit ihrem groovelastigen und experimentellen Pop ein spätes aber umso größeres Highlight.

Während sich die Beine anschließend ein letztes Mal zum Zeltplatz kämpfen, leuchtet draußen schon die Ankündigung für 2013 auf: „“Nächstes Jahr habt ihr alle die Chance 30 zu werden! Vielen Dank!“ So macht alt werden Spaß.“

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