‚Grizzly Bear sind Deppen‘: Bloc Party im Interview


Wir haben Matthew CH Tong und Kele Okereke von Bloc Party zum Interview getroffen. Sie haben uns erzählt warum Grizzly Bear Penisse sind – und wie Spionageabwehr funktioniert.

Lästern gehört bei Bloc Party der Vergangenheit an, und es geht auch nicht nicht immer nur um Groupies und Kokain – sagen Bloc Party. Wir haben mit Kele Okereke und Matt CH Tong über die Ära des Garagenrock, Grizzly Bear und New York gesprochen:

Auf eurem neuen Album „Four“ habt ihr lauter kleine Gesprächsfetzen zwischen den Songs platziert. Mir hat besonders die Geschichte mit den Spinneneiern gefallen, die angeblich ein Bekannter von Euch unter der Haut hatte. Die Geschichte ist aber erfunden, nicht wahr?
Kele: Was ich an diesem kleinen Soundschnipsel am lustigsten finde, ist, dass im Hintergrund dieser Konversation Russel (Lissack) den ersten Riff unseres Stücks „So He Begins To Lie“ spielt. Weißt Du, ich erfinde diese Geschichte. Und das hat eine gewisse Kongruenz, die mir gefallen hat. (zu Matthew) Hast Du das bemerkt Matthew?
Matthew: Nein, eigentlich hab ich noch nicht darüber nachgedacht. Aber weißt du, dass ich Dir die Geschichte geglaubt habe? Ich fand sie ziemlich furchteinflößend.
Kele: Haha, nein, nein, sie ist komplett erfunden.

Wie kam es dazu, dass ihr diese Gesprächsfetzen auf eurem Album verwendet habt?
Kele: Ohne dass wir es mitbekommen haben, hat Alex Newport unser Produzent, die Mikrofone während der Aufnahmen immer angelassen. Er hat eine Menge dieser Geräusche aus dem Proberaum gesammelt – wie wir unsere Verstärker ausschalten, oder uns unterhalten – gegen Ende der Aufnahmen, hat er es mir vorgespielt, und da habe ich mir gedacht: „Wir sollten versuchen, etwas davon zu verwenden, weil es sich cool anhört.“. Dann bin ich mit einem Mikrofon, das ich unter meiner Kleidung versteckt habe, zu den Anderen gegangen, und habe versucht, sie dazu zu kriegen, richtig gemeine Sachen übereinander zu sagen, aber das haben die irgendwie nicht gemacht… (zu Matthew) Lästern ist nicht unbedingt unser Ding, denke ich …
Matthew: Nein, das ist Vergangenheit. Weißt Du, wir haben genug Spionagefilme gesehen, um aufzupassen, dass uns Niemand zuhört.
Kele: Ja, Besonders im Aufnahmestudio.
Matthew: Ja, insbesondere dort, weil da so viele Mikrofone herumliegen.

Also hast Du einfach selbst Lügen erzählt …
Kele: Niemand hat sich von mir hereinlegen lassen, deswegen musste ich mir selber etwas ausdenken.
Matthew: Ich würde es Spionageabwehr nennen – wir bekämpfen Lügen mit Lügen.

Wie würdet ihr eigentlich den Einfluss beschreiben, den Euer Produzent Alex Newport auf das Album hatte?
Matthew: Ich denke, verfolgt eine bestimmte Ästhetik, bzw. eine Reihe ästhetischer Prinzipien, die er bei seinen Aufnahmen beachtet. Es ist ihm wichtig, dass die Bands, mit denen er arbeitet, sich wohlfühlen. Er hat sich sehr darum bemüht, alle Teile der Songs genau mit uns durchzusprechen.

Das neue Album klingt um einiges roher und gitarrenlastiger als euer letztes Album. Ist das Newports Einfluss, der sich bemerkbar macht?
Kele: Wir haben uns unterhalten und uns überlegt: Wenn wir wieder etwas aufnehmen, soll die Idee von uns gemeinsam in einem Raum verkörpert werden.

Ihr habt ja bereits mit vielen Stilrichtungen experimentiert. Euer letztes Album „Intimacy“ hebt sich durch die elektronischen Elemente extrem von dem ab, was ihr auf „Four“ macht. Sind Euch die Mittel, die ihr verwendet, um eine Idee in einen Song zu übertragen, egal, oder prägen sie das Stück mit?
Kele: Ich finde, die Leute hängen sich zu sehr an den stilistischen Aspekten der Alben auf. Ich persönlich höre einfach nur Songs. Die Frage ist, was passiert als Nächstes? Wir haben zwar noch nicht wirklich darüber geredet, aber ich finde, es muss sich wieder in eine andere Richtung bewegen.

Kele, Du bist kürzlich von London nach New York gezogen, wo ihr auch „Four“aufgenommen habt. Hat die Stadt die Arbeit an dem Album beeinflusst?
Kele: Es war sehr interessant für mich, weil ich in den ersten sechs Monaten überhaupt nicht viel gemacht habe. Ich habe versucht, ein Buch zu schreiben, das war alles. In den letzten sechs Monaten, als wir an dem Album gearbeitet haben, hat sich das geändert, es war an der Zeit zu arbeiten. Ich denke, dass New York eine gute Stadt ist, um sich auf die Arbeit zu konzentrieren und um Dinge fertigzustellen. Aber es kann auch sehr hart sein, wenn man dort seinen Lebensunterhalt verdienen muss, besonders in Manhattan. Alle Leute, die ich da kennengelernt habe, hatten zwei Jobs. Die Leute haben jede Arbeit angenommen, die sie kriegen konnten, nur um zu überleben. Ich selber war zwar sehr entspannt, aber alle, die ich getroffen habe, waren immer im Stress. Ich glaube, das ist durchaus in die Songs auf dem Album eingeflossen.

Wenn wir zurückblicken, 2005, als euer erstes Album „Silent Alarm“ herausgekommen ist, war Garagenrock gerade unglaublich populär. Glaubt ihr, dass dieser Sound noch einmal so ein Revival erleben wird? Im Moment scheinen ja eher die Folkbands den Ton anzugeben …
Kele: Yeah, folk off! Ob diese Ära wohl zurückkehrt? Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie viele der Alben von damals den Test der Zeit bestehen werden. Aber ich glaube nicht, dass ich darüber traurig wäre, wenn es kein Revival gäbe. Es hat sich oft so angefühlt, als ob viele Leute einfach nur diese Musik gemacht haben, um einen Haufen Kohle zu verdienen.
Matthew: (singt leise) Let’s go and make some money…

Da wir gerade davon sprechen: Ist es heutzutage schwierig, sich als Künstler eine kreative Auszeit, so wie ihr sie gemacht habt, zu finanzieren? Ich habe neulich gelesen, dass Grizzly Bear sich beschwert haben, dass sie wegen der Musikstreaming-Dienste nicht mehr genug verdienen.
Kele: Dann sollten Grizzly Bear wohl anfangen, bessere Songs zu schreiben.
Matthew: Was für Deppen.
Kele: Was für Penisse.

Habt ihr sie mal kennengelernt?
Kele: Ich hab mal mit ihnen zu Abend gegessen, was für langweilige Leute! Das letztes Mal, als wir in Berlin waren, habe ich sie gesehen, als wir in unser Hotel eingecheckt haben. Ich hab so getan, als hätte ich sie nicht gesehen, damit ich mich nicht mit ihnen unterhalten musste.
Matthew: Ja, und sie haben sich über die Frühstückspreise in dem Hotel beschwert.

In Berlin? interessant …
Matthew: Aber Lästereien beiseite: Ich denke, dass das was wir haben, eine wunderbare Möglichkeit ist, die viele andere Künstler nicht haben. Mir ist bewusst, dass wir großes Glück haben, dass wir diese Pause einlegen konnten und wir die Möglichkeit hatten, uns anderen Projekten zu widmen. Das ist das Maximum worauf man hoffen kann, als kreativer Mensch – andere Seiten der eigenen Kreativität auszuloten. Und weißt Du, ich finde Streaming-Dienste eigentlich ganz cool.
Kele: Wir hatten wirklich viel Glück, dass wir mit unserem ersten Album so einen großen Erfolg hatten. Aber wir haben auch hart gearbeitet, wir haben drei Alben in einer relativ kurzen Zeitspanne veröffentlicht, und ich habe selbst ein weiteres Album veröffentlicht, welches kommerziell sehr erfolgreich ist.

Könnt ihr Euch eigentlich vorstellen, noch einmal eine solche kreative Pause einzulegen?
Kele: Das ist etwas, worüber wir sprechen müssen, wenn die Tour für dieses Album zu Ende ist.
Matthew: Wenn uns die Vergangenheit eines gelehrt hat, dann: dass man niemals nie sagen sollte.

Was ist das für ein Krach?
Matthew: Das ist ein Pürierstab.
Kele: Benni macht einen Smoothie.
Matthew: Er macht immer Smoothies zu den unmöglichsten Zeiten.
Kele: Weißt Du, es geht nicht immer nur um Groupies und Kokain bei Bloc Party, zumindest noch nicht um diese Uhrzeit.
Matthew: genau, jetzt geht es noch um Karotten und Rote Beete.