Erlend Øye trotzt dem verregneten Herbst im Berliner Astra

Mit Gänseblümchen-Gitarrenpop und Reggae-Rhythmen konservieren Erlend Øye & The Rainbows den Sommer.

Norwegens musikalischer Nimmersatt Erlend Øye ist in diesem Jahr Unheilbringer und Freudenbotschafter zugleich: Traurig aber wahr, es wird kein weiteres Album von Whitest Boy Alive geben. Dafür erschien aber kürzlich Øyes zweites Solo-Werk LEGAO, das er gemeinsam mit der isländischen Reggae-Band Hjálmar aufgenommen hat.

Mit „Fence Me In“ wird der erste Hit gleich zu Beginn abgefeuert. Auf der neuen, verträumt spätsommerlichen Platte als auch live. Das Publikum bewegt sich zunächst schüchtern, doch beweist der Abend, dass LEGAO zum Mitwippen animiert. Mehr als die Musik von Øyes Band Kings Of Convenience und weniger als die von Whitest Boy Alive. Doch umso später der Abend, desto experimentierfreudiger die Musiker. Obwohl das aktuelle Album im Fokus steht, sind es vor allem italienische Songs, die für Überraschungsmomente sorgen und an Øyes aktuelle Wahlheimat Sizilien erinnern. So gleicht „Dico Ciao“ einer zuckersüßen Sprachunterrichtsstunde, während „La Prima Estate“ kollektives Tanzbeinschwingen mit sich bringt. Schade, dass LEGAO keines der beiden Tracks beinhaltet. Man wünscht sich mehr davon. Vielleicht sogar ein ganzes Album.

Das Konzert bietet vielerlei Unvorhersehbares. Øye-Fans der ersten Stunde jubeln, als „Every Party Has A Winner And A Loser“ seines 2003 erschienenen Solo-Debüts UNREST angestimmt wird. Und auch Sigurdur Gudmundsson, Orgelspieler der Band, werden ein paar Minuten uneingeschränkter Aufmerksamkeit für seinen selbst geschriebenen Song „Til þín“ eingeräumt, wofür Erlend Øye sogar die Bühne verlässt. Vermutlich ahnt er, dass man dem Charme des isländischen Musikers nur erliegen kann. Ein weiteres Highlight: Eine Cover-Version von „You Can Call Me Al“, die so manch Anwesenden an ein bekanntes Youtube-Video erinnern wird, das Erlend Øye beim Karaoke-Schmettern des Paul-Simon-Klassikers im Berliner Mauerpark zeigt.

Der Abend endet mit Whitest Boy Alives „Golden Cage“, einem Track ihres Debütalbums. Die Tränen um die Trennung der Band können so vielleicht etwas schneller trocknen.