Open Source Festival 2015: Woodstock-Feeling auf der Galopprennbahn


Hörenswerte Newcomer, große Indie-Momente und Mitsing-Magie. Bei bestem Wetter spielten Death Cab For Cutie, Kakkmaddafakka, Metronomy und noch ein Haufen mehr Bands am 27. Juni beim zehnten Open Source Festival in Düsseldorf.

Dass sich das Open Source Festival in Düsseldorf zu einem fest etablierten Ereignis in der zunehmend größer und unübersichtlicher werdenden Festivallandschaft entwickelt hat, steht außer Frage. Schließlich findet die sympathische Outdoor-Veranstaltung auf dem Gelände der Grafenberger Galopprennbahn in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal statt. Zum runden Geburtstag beschenkten die Veranstalter sich und das Publikum gleichermaßen mit dem Booking eines exquisiten Line-Ups – darunter, neben vielen ausgewählten Nachwuchskünstlern aus der Region und lokalen Szenegrößen wie Tolouse Low Trax alias Detlef Weinrich von Kreidler, auch Metronomy, Death Cab For Cutie, Future Brown und Kakkmaddafakka. Die Folge ist in diesem Jahr ein restlos ausverkauftes Festival.

Die entspannte, beinahe familiäre Atmosphäre durch den kleinen Rahmen bleibt trotzdem jederzeit bestehen. Überall lockt es einen, sich niederzulassen, auszuruhen und zu entspannen, wobei sich Künstler und Publikum mitunter auch schon mal vermischen. So ist die kleine Young Talent Stage nicht mehr als eine kleine, fast notdürftig überdachte Bühne, wo sich auf den umliegenden Treppen die Zuhörer beinahe wie in einem Amphitheater versammeln. Dort überzeugt vor allem die musikalische Vielfalt: instrumentaler Post Rock steht dort genauso auf dem Programm wie Electro-Soul mit kreativem Sampling-Einsatz oder anspruchsvoller Indie-Prog.

Letzterer stammt von Darjeeling aus Wuppertal, deren Keyboarder und Sänger Fabian Reinkenhoff barfuß auftritt. Das Quartett überzeugt mit einem tollen Sound, der zwar mit Retroklängen à la Pink Floyd arbeitet, doch zeitgenössische Einflüsse ebenso wenig scheut. Ein starker, mitreißender Auftritt mit dem wahrscheinlich besten Satzgesang des ganzen Festivals. Auch Shipwrecks, die das Programm auf der „Mikado-Bühne“, benannt nach dem ungewöhnlich designten Dach, um 14:45 Uhr eröffnen, überraschen im positiven Sinne. Dass lieblich-zarter bis heftig krachender Post Rock, der mitunter Assoziationen mit Godspeed You! Black Emperor oder Caspian wachruft, bei strahlendem Sonnenschein funktioniert, hätte man nie für möglich gehalten. Nun weiß man es – und nicht zuletzt wegen solcher Erlebnisse lohnt sich ein Besuch auf dem Open Source.

Indes veranstaltet die Ndagga Rhythm Force, ein Projekt des Berliner Produzenten Mark Ernestus, auf der Carhatt WIP Stage ein wahres Spektakel. Mit bis zu sechs Trommlern und einer Tänzerin auf der Bühne gibt es wirklich eine rhythmische Kraft zu erleben. Die afrikanischen Musiker pendeln in ihren überlangen Songs mit Jam-Strukturen zwischen Polyrhythmik und Tanzmusik, laden zu guter letzt auch noch das Publikum auf die Bühne ein, um gemeinsam mit ihnen zu tanzen. Ganz famos! Dagegen bleibt Honig, der parallel auf der Hauptbühne auftritt, trotz des sich schon bald auf seiner Stirn und unter der lichten Haarpracht abzeichnenden Sonnenbrandes, blass. Das Projekt von Sänger Stefan Honig lockt zwar mit bombastischen Songstrukturen, skurrilen Arrangements und zum Mitsingen einladende Refrains. Doch der Sound ist zu leise, um wirklich packend zu klingen. So bleibt der berühmte Funke bei eigentlich tollen Songs wie „We Are Alone In This Together“ jenseits der Bühne. Schade.

Kakkmaddafakka covern Loonas „Bailando“ beim Open Source Festival

Als echte Partylöwen entpuppen sich jedoch Kakkmaddafakka. Das Sextett blödeln bereits beim Soundcheck herum, spielt ein paar Takte von „Eye Of The Tiger“ an – und lädt während ihres Auftritts mit dem Gitarren-Indie zwischen Rap, Disco und Upbeat-Reggae zum Tanzen, Springen und Mitsingen ein. Die Brüder Alex und Pål Vindenes fühlen sich in Absurdität außerordentlich wohl, schließlich kann man es kaum ernst nehmen, wenn die Norweger in ihren Texten darüber philosophieren, ein echter Gangster sein zu wollen oder ob nun ein Mädel alt genug für sexuellen Kontakt wäre. Endgültig verrückt wird es dann bei der Cover-Version des 90ies-Hits „Bailando“, im Original von Loona, vorgetragen von Percussionist Lars „Helmelicious“ Raaheim-Oslen, der wie von der Tarantel gestochen am Bühnenrand herumspringt. Und Nummern wie „Self-Esteem“ und das abschließende „Forever Alone“ sind musikalisch wie melodiös eh fein und überzeugen auch hier. Ihre Talente als DJs beweist die Band dann übrigens einige Stunden später auf der nächtlichen After-Festival-Party.

Der reinste Punkt umwerfender Festivalmagie geschieht dann vor der Hauptbühne irgendwann um viertel nach neun. Als Death Cab For Cutie „Soul Meets Body“ anstimmen, wird die einprägsame Melodie nach dem ersten Vers aus jeder Kehle mitgesungen. Sowieso strotzt der Auftritt der Band aus Seattle, Washington, die jüngst den Ausstieg von Gründungsmitglied, Gitarrist und Produzent Chris Walla verkraften mussten, vor besonderen Momenten. Etwa, als Gibbard in den strahlenden Sonnenschein „No Sunlight“ hinein singt, nicht ohne vorher zu hoffen, dass das Wetter dies nicht zum Anlass nimmt, umzuschlagen, oder er den letzten Refrain des Übersongs „I Will Follow You Into The Dark“ über mehrere Takte hinauszögert. Die Band gibt sich professionell und liefert ein knapp anderthalb Stunden langes Set voller Hits ab. Schade, dass von der neuen, hervorragenden Platte KINTSUGI nur drei Songs dargeboten werden – dafür gibt es Perlen wie „What Sarah Said“ oder „President Of What?“ zu hören. Gibbard, noch nie für übermäßige Ansagen bekannt, bleibt zwar insgesamt etwas zu wortkarg, bedankt sich jedoch immer wieder artig bei dem aufmerksam lauschenden Düsseldorfer Publikum.

Während Future Brown, das Produzenten-Kollektiv aus New York, Los Angeles und London, ihre äußerst geschmackvolle elektronische Musik um halb zehn auf der Nebenbühne darbieten und sich bei allen möglichen Genres bedienen, beschließen schließlich Metronomy das Programm auf der „Main Stage“. Die Band um Joseph Mount konzentriert sich auf Kompositionen aus ihrem aktuellen Album LOVE LETTERS, das letztes Jahr erschien, doch die größten Momente geschehen immer dann, wenn ältere Werke angestimmt werden. So gibt es „The Bay“ und „Everything Goes My Way“ vom Über-Album THE ENGLISH RIVIERA zu hören und „You Could Easily Have Me“ vom Debüt beendet das Konzert – ein Song, fast so alt wie das Open Source Festival selbst.

Die Mischung aus familiärer, allerorts entspannter Stimmung und der durchgehend konstante Qualität des Line-Ups, egal, ob es sich dabei um bekannte oder unbekannte Künstler handelt, zeichnet das Open Source Festival ohnehin aus – in diesem Jahr jedoch ganz besonders. So bleibt zu hoffen, dass sich die Veranstaltung noch lange hält. Auf die nächsten zehn Jahre, Open Source!