Projekt mit Bart


Tim Kasher weiß nicht nur, wieso Cat Stevens keine Schute gegründet hat und The Good Life keine Band sind ...

„Hi“, ruft Tim Kasher ausgelassen, als er endlich ans Handy geht. Im Hintergrund läuft eine Party: „Yeah, I’m fine“, sagt er dann, obwohl wir ihn danach gar nicht gefragt haben. Rockstars… „You can leave me a message and l’ll call you back“ aha, bloß die Mobilbox, na prima, ein Witzbold. Wir wollen schon auflegen, da kommt’s noch schlimmer: „No, wait a minute! You can leave a message and l propably MIGHT call you back!“ Als er fünf Minuten später doch zurückruft, der Chef von The Good Life, klingt er aufgeräumter, diesmal steigt in seinem Apartment in der Hauptstadt von Nebraska offenbar auch keine Party. Um es dem Scherzkeks heimzuzahlen, fragen wir gleich das denkbar Allerdümmste: „Wie klingt denn deine Musik?“ Im Fall von Tim ist die Frage berechtigt: Freunde des Labels Saddle Creek schätzen den 23jährigen bisher als Sänger von Cursive. Inzwischen hat er sich einen veritablen Vollbart wachsen lassen und legt nun mit dem Projekt The Good Life, benannt nach dem Reklame-Slogan seines Bundesstaates, das reifste und berauschendste Album vor, das – von den Flaming Lips vielleicht abgesehen – je aus Omaha kam. Nein, festlegen will er sich nicht: „Klar arbeite ich mit Cursive, aber im Moment interessiert mich Good Lifemehr, es ist ein wundervolles Projekt“. Projekt, Projekt, ja, gibt’s denn keine Bands mehr? „Ach, dieses Gerede von Bands, das ist doch aus der Mode und schränkt nur ein!“ meint Kasher, und er meint es ernst: „Hör dir die unglaublichen Songs an, die Cat Stevens geschrieben hat, ganz allein in seinem Kämmerlein. Und nun stell dir vor, Cat Stevens hätte eine Art, Schule’gegründet, sein Gefühl für Gefühle geteilt und weitergegeben wir würden heute nichts anderes hören!“

Trotzdem: Bei Saddle Creek wimmelt es von starken Persönlichkeiten, einen Solokünstler aber hat das Label bisher nicht hervorgebracht. Dahinter steckt Methode: das Projekt. „Wir kennen keine Konkurrenz“, sagt Tim. „Wir spielen miteinander, wir öffnen einander Türen und legen die Latte immer ein Stückchen höher.“ Bei ALbum of the YEAR hat ihm Conor Oberst – der ebenso schwierige wie geniale Songwriter von Bright Eyes – beratend beigestanden: „Nächtelang saßen wir bei Rotwein zusammen und haben überlegt, was ich eigentlich ausdrücken wollte, was und wie ich singen soll und wie das Album klingen muss. „Und dann hören wir ihn in sein Handy schmunzeln, als könnte er es immer noch nicht glauben: „Dabei war Conor für mich jahrelang nur der kleine Bruder von einem meiner Klassenkameraden!“

Das Ergebnis dieser Saufgelage klingt, als hätten The Cure gemeinsame Sache mit Bright Eyes gemacht, während Paul Simon kiffend in der Ecke saß und der Geist des progressiven Rock aus Angst vor so viel Gefühl lieber durchs ferne Gebälk als durch die Platte spukte. So kann’s gehen. Wenn man die richtigen Freunde hat.