Paterson:: Regie: Jim Jarmusch

Umarmung des Alltags: Jim Jarmuschs neuer Film ist eine Hommage an das ruhige Leben – und sein zartester und zärtlichster bislang.

Einzelgänger sind eigentlich der Fall von Jim Jarmusch: wortkarge Männer, Auftragskiller mit Samurai-Regeln, ungerührte Jazzmusiker, entrückte Glücksritter, die sich selbst genug sind, Außenseiter allesamt. Perfekt zusammengefasst waren sie vermutlich in seinem jüngsten Helden, dem philosophierenden Vampir in „Only Lovers Left Alive“, seiner bestechenden Kult-Ode ans Leben in der Nacht. „Paterson“ könnte davon nicht weiter entfernt sein. Und ist doch typisch Jarmusch, der hier seine Vorliebe für Lakonie und puren Minimalismus auf die Spitze treibt, als könnte er selbst einem japanischen Haiku noch unnötiges Fett von den Rippen schneiden.

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Der zwölfte Spielfilm des New Yorkers hat den unmöglichsten aller Helden: einen glücklichen Mann, einen mit sich und seinem Leben rundum zufriedenen, allseits unerschütterlichen Busfahrer, den Adam Driver spielt, als sei er ein Wiedergänger von John Lurie, dem man mit dem Jazz auch sämtlichen Weltschmerz aus dem Anzug gebügelt hätte. Es ist ein Film über die Freuden der Routine, über einen Tagesablauf, der so gesichert ist wie das gemütliche Branden der Wellen an der Jersey Shore. Jeder Tag ist derselbe für diesen Mann, der nicht nur Paterson heißt, sondern auch die Gemeinde Paterson sein Zuhause nennt. Morgens verlässt er das Haus, in dem er mit seiner tollen Freundin wohnt, die eine Vorliebe für Schwarz-Weiß-Muster hat und nicht Kochen kann, was sie allerdings nicht davon abhält, es mit Leidenschaft zu tun. Er geht zur Arbeit, fährt Bus, dieselbe Strecke jeden Tag. Er kommt heim, geht mit der putzigen Familien-Bulldogge Gassi und trinkt ein Bier in seiner Bar.

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Zwischendurch schreibt Paterson Gedichte, die ungefähr so toll sind wie die Gerichte seiner Freundin, was ihm aber egal ist, weil er sie gerne schreibt. Jeder Tag ist gleich, und diese Gleichheit verleiht dem Film seinen gemächlichen Rhythmus. Doch dann gibt es, zunächst kaum merklich, Variationen, Einschnitte, Erschütterungen und – wie immer bei Jarmusch – überall Zeichen und Zitate. Aus all dem bezieht die Handlung ihren Reiz und ihren unwiderstehlichen Witz. Während man sich noch wundert, ob denn noch etwas passieren wird, ist man längst gefangen in dieser Welt, die merkwürdiger ist als das Paradies. Eine Liebeserklärung an das Leben, egal wie schräg es sein mag.

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