Lee Ranaldo And The Dust

Last Night On Earth

Matador/Beggars/Indigo

New Noise: Der Sänger und Gitarrist macht sich Gedanken über die Katastrophen unserer Zeit.

Die Aufspaltung der dann doch nicht so ewigen New Yorker Institution Sonic Youth in mehrere Untergruppen schreitet voran. In den Debüts von Chelsea Light Moving und Body/Head ist die altbekannte Vorliebe des ehemaligen Frontpaars für Dissonantes und Überlautes zum Vorschein gekommen. Bei Lee Ranaldo sieht das anders aus. Früher hatte er sich mit seinen Seitenprojekten ohne Rücksicht auf Verluste dem persönlichen Pläsier hingegeben. Jetzt, da er auf eigenen Füßen stehen muss, wirken seine Alben wesentlich verständlicher.
 Das gilt auch für diese erste feste Verabredung mit Gitarrist Alan Licht, Bassist Tim Lüntzel und Drummer Steve Shelley. Der apokalyptische Titel des Albums kommt nicht von ungefähr. Ranaldo hat nach dem Hurrikan Sandy ohne Strom, Wärme und Wasser leben müssen. Er hat die Aktivitäten der Occupy-Protestbewegung vor seiner Haustür erlebt. Vor dem Hintergrund der Krisen- und Untergangsstimmung verliert er aber nicht den Fokus. In „Key/Hole“ kommt ihm das sanfte melodische Gefühl nie abhanden. Durch „Last Descent #2“ tänzelt der Klang eines Spinetts. Selbst am Schluss, in den zwölf Minuten von „Blackt Out“, findet der 57-Jährige nach psychedelischem Losgelöstsein wieder zurück zum Anfangspunkt.