Fatima

Yellow Memories

Eglo Records/Groove Attack

She can‘t „Do Better“. Fatimas Erstling brilliert mit Soul und R’n’B moderner Schule.

Nicht ganz unschuldig an der angenehm hohen Qualitätsdichte neuer britischer R’n’B-Musik ist der Zwei-Mann-Betrieb Eglo Records um Alex Nut und Floating Points aka Sam Shepherd, der vorab – wir haben gerade kurz Zeit – gesonderte Huldigung erfahren muss. Der Mittzwanziger zeigt sich klar als musikalischster und talentiertester unter den zuletzt so prominenten Produzenten und DJs, die den englischen Kellern entsprangen. Er gründete sein eigenes Ensemble, mit dem er auf Tour fährt und gibt einen House zum besten, der mehr mit Jazz zu tun hat als alles andere, wenn er nicht gerade Sommerurlaube in Brasilien nutzt, um Plattenläden aufzukaufen.

Die Legende will, dass Shepherd die gebürtige Schwedin Fatima bei einem seiner eigenen Sets entdeckte, als sie sich ein Mikrofon schnappte und über seine Beats sang. Im Anschluss ging es direkt ins Studio, in dem die ersten elektronisch-funkigen Soul-EPs mit Dâm-Funk und Co. entstanden, die schon 2010 zarte Wünsche nach einem Album aufkommen ließen.

Jenes ließ noch vier Jahre auf sich warten. Zwischendrin standen erst einmal weitere EPs an, von der besonders „Mind“ zu empfehlen ist: ein Showcase an crispen HipHop-Beats, der Floating-Points’schen Orgel-Orgie und Melodien für die Hüften – nach „Soul Glo“, dem eher auf Humor getrimmten Pop-Funk zuvor, ein erster Schritt in abseitiges Gefilde. Jetzt aber: das Album. Ein „Projekt“ (im besten Sinne), das seine Zeit brauchte. Die in der Zwischenzeit wohlverdiente Aufmerksamkeit und die Akquise der richtigen Produzentenfreunde zahlte sich aus: YELLOW MEMORIES ist weit mehr als die erwartete Platte für die, denen das Koordinatensystem Soul, Boogie, HipHop und Funk eine Heimat darstellt.

Das Album zeigt aber auch, dass die richtigen Hände an den Reglern das Beste aus Fatima und ihrer Stimme herausholen. Ursprünglich legte die gerne mit Jazz und offenen Strukturen liebäugelnde Detroit-House-Legende Theo Parrish höchstpersönlich Hand an den sechsminütigen Opener „Do Better“, der sich nun auf dem Album aber als Rework von Floating Points findet. Der Produzent lässt Fatima nur zu gerne gegen Trompeten-Fanfaren über seine eleganten After-Hour-Drumbeats ansingen. Das dokumentiert erfrischend simpel und begeisternd die Zusammenarbeit von Meister und Schülerin.

Als Teaser der Platte erschien bereits voriges Jahr das funkelnd-puckernde R’n’B-Lullaby „Circle“. „Starlight please wait for me“ heißt es im schummrigen Track von Computer Jay aus der L.A.-Beatfamilie. Ein frühes Highlight, das es mit der Stammbaum-Ode „Family“ aufnehmen muss, die mit gesampelten Spieluhren, Claps und Rimshots viel Lächeln im Gesicht spazieren trägt, während der Bass gepflegtes Kopfnicken fördert. Der sprunghafte Elektro-Funk in „La Neta“, produziert von Talent Flako, der in Windeseile Richtung und Tonalität ändert, oder die Ballade „Give Me My Name“ über Fatimas Vater, der keiner sein wollte, reihen sich ein.

Chef Floating Points selbst sorgt dafür, dass sein biederes Zwischenspiel „Biggest Joke Of All“ nicht weiter ins Gewicht fällt und bastelt Fatima am Ende mit „Take“ eine betörende Ballade zusammen, die beweist, wie viel aus dem Genre herauszukitzeln ist. Klar, viele Köche usw. Daran denkt man zweifelsohne, führt man sich die Tracklist vor Augen. Doch gibt es weit und breit keinen Grund, am Talent aller Beteiligten für den Schlag einer Note zu zweifeln. Wem das mal wieder nicht genug ist, der erhält neben vollstem Verständnis noch den dringenden Tipp, sich mindestens die „Mind“-EP mit dem lockeren Sommer-HipHop des Titeltracks und „Phone Line“, den zackigen Elektro-Funk- Roller, ins Regal zu holen. Man braucht schließlich Vorrat. Vielleicht lässt sich Fatima bis zum nächsten Album ja wieder vier Jahre Zeit.