Album der Woche

Beginner

Advanced Chemistry

Vertigo/Universal

Do call it a comeback – ein Paradebeispiel dafür! Die derbste Band der Welt packt Hamburg wieder auf die HipHop-Karte.

Von „Ahnma“, der ersten Beginner-Single seit 2004, blieb zunächst viel hängen: die gekläffte Hook des Sandsack-artigen Gzuz, der Refrain des wandlungsunfähigen Gentleman, die bedrohlichen Bläser, die für die bunte Band untypische „Pass mal auf, Alter!“-Ästhetik des schwarz-weißen Videos, das Wiedersehen mit der Mongo Clikke und anderen Deutschrap-Legenden im Finale des Clips. Und die Beginner selbst? Zu Gast auf ihrem eigenen Comeback? Eizi Eiz und Denyo füllen je nur eine Strophe. Doch die haben’s in sich. „Jeder, den du kennst, kennt eine meiner Lines“, rappt Eißfeldt und selten war eine Behauptung im deutschen HipHop so unumstößlich. Denyo gibt den „Jens-Peters“, die „einen auf Endgegner“ machen, geschmackvoll eins mit. Schlägt sie mit seinen, nicht mit ihren eigenen Waffen, droht nicht an, sie zum Zusehen zu zwingen, wenn er ihre Familie auslöscht oder so. Während sich also die Euphorie breiter als zwei Türsteher darüber macht, wie deutscher Rap auf Fotzen-und-Waffen-Vokabular verzichten kann, ohne dabei so zahnlos und familienfreundlich wie Jerry Seinfeld im Vergleich zu Louis CK dazustehen, bohrt sich DJ Mads Beat tief ins Speichersystem des Gehirns.

Wenn Zeitlosigkeit eine wichtige Qualität für jedwede Popmusik darstellt, dann gilt das besonders für Comeback-Songs, deren Ziel es sein muss, die Wartezeit entweder vergessen zu machen oder als lohnend erscheinen zu lassen. Siehe: „Machine Gun“ von Portishead, siehe „Love Spreads“ von den Stone Roses und siehe jetzt auch „Ahnma“. Eine grandiose Rückkehr, die nur am Anfang des neuen, vierten Albums seiner Schöpfer stehen kann. Kurz eingeleitet wird sie von Torch selbst, dessen Band Advanced Chemistry Namenspate stand für den Titel der Platte.

Von der erwarten wir nach den beiden Featurings jetzt aber erst mal: mehr Beginner. Und die bekommen wir auch. Gleich im nächsten Track, „Es war einmal …“, erinnern sie an ihren Aufstieg und verorten jüngere Hörer. Strategisch wichtiger Track. Danach kann’s ins Hier und Jetzt gehen. Der Spagat von der Vergangenheit in die Gegenwart gelingt schmerzfrei: „Schelle“ verbindet so geschickt Reggae mit Trap, dass der Neonow-Einfluss erst beim Analysieren auffällt. Man feiert in „Rambo No5“ („Wir sind im Haus, du bist daheim, wir gehen aus und du gehst ein“), danach folgt der melancholische „Kater“ („Denn so voll wie ich war, so leer bin ich jetzt“).

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In „So schön“ huldigen sie der Damenwelt, die im Deutschrap ja gern zur Inspirationsquelle für stark behaarte Beleidigungen degradiert wird. „Thomas Anders“ ist bester Beginner-Humor in der Tradition von „Morgen Freeman“. Mehr als fünf Jahre Arbeit hat die Band in die Platte investiert, das hört man ihr dank zahlloser guter Ideen genauso an wie man es ihr aufgrund ihrer mühelos wirkenden Natur nicht anhört. So macht man das!