John Darnielle

Wolf In White Van

16. September 2014

Nach wortgewaltigem Indie-Rock mit den Mountain Goats nun ein großer Debütroman.

Der Titel kommt erst spät vor, irgendwann in der Mitte dieses großartig konstruierten Romans: während einer Nachtsendung im christlichen Kabel-TV, in der über die satanischen Nachrichten diskutiert wird, von denen es ja heißt, sie kämen beim Rückwärtsabspielen von Rockmusik zum Vorschein.

„Wolf In White Van“ laute eine dieser Messages also, und der Erzähler erinnert sich. Dunkle, rätselhafte Gedanken, die am Ende des Buches dramatischen Sinn bekommen, vielleicht, womöglich. Es gibt nicht den einen Weg in dem ersten Roman von John Darnielle, dem Sänger und Songschreiber der Mountain Goats. Er lässt seinen Erzähler, Sean Phillips, erst nach und nach mit der Sprache herauskommen, was ihm eigentlich zugestoßen ist. Klar ist anfangs nur, dass Seans Gesicht schwer entstellt ist.

Er ist ein Einzelgänger, der nur im allerdringendsten Fall das Haus verlässt. Ein Außenseiter war Sean auch mit 17 schon, vor dem unglücklichen Ereignis. „Wolf In White Van“ ist ein Roman über die Leidenschaften von Fans, wie Sean einer ist, der Science-Fiction-Romane verschlingt und sich einen Katalog über exotische Schwerter zuschicken lässt, dessen größter Held Conan, der Barbar, ist. Nicht ganz unübliche Teenagerjungs-Obsessionen vielleicht, aber John Darnielle spielt durch, was sie in einem jugendlichen Hirn so alles auslösen können. Zugleich macht es ihn zum begnadeten Leser und Deuter von Codes und Bedeutungsebenen. Und während er im Krankenhaus die weiße Decke anstarrt, erdenkt er aus den Versatzstücken seiner Obsessionen ein interaktives Adventure-Spiel, in dem es gilt, sich in einer katastrophischen Welt an einen sicheren Ort namens „Trace Italian“ zu retten.

Die Spieler schicken ihre Züge per Post an Sean, der ihnen als Spielleiter die Folgen mitteilt und sie vor neue Optionen stellt – gegen ein kleines Entgelt. Doch auch aus dieser vermeintlichen Erfüllung eines Geek-Traums entsteht eine Katastrophe, als zwei Spieler Seans ausgedachte Szenarien allzu ernst nehmen. Über die geschickte Plotkonstruktion hinaus ist es die in Rückblenden und Ellipsen aufgeblätterte Gedankenwelt mit all ihren Möglichkeiten, Verwerfungen und Sackgassen, die an diesem Roman so fasziniert. Dass das sprachlich nicht ganz ohne ist, lässt auf eine angemessene Übersetzung in naher Zukunft hoffen.