Christian Anders – Es fährt ein Zug nach Nirgendwo von Liselotte Millauer

Unter den Gestalten, die zu Zeiten, als das sülzrosa Schlagerlied fast so was wie Pop geworden wäre, die Seiten der Teeniepresse füllten, war Christian Anders eine singuläre Erscheinung: Weit entfernt vom Bubischmalz eines Chris Roberts und dem Hummta-Gepfunde von Tony MarshaU. hauchte der blafizarte Mensch mit samtblecherner Stimme enigmatisierte Grofiballaden voll zerbrechlichem Überpathos. Sein weiterer Weg verlief zunächst üblich – rapider Abstieg mit gelegentlich aufflackerndem Nostalgienachruhm -, aber Anders wurde seinem Nachnamen dann doch gerecht. Der in Sardinien aufgewachsene Karatekämpfer wandelte sich zum kalifornischen Selfmade-Guru Lanoo, schrieb eine „Malibu-Sinfonie“ und Hekatomben krausen Schriftguts wie „The Man Who Created AIDS“, „Darwin irrt“ und das 2000seitige „Buch des Lichts“, taumelte zwischen Venice-Beach-Luxus, meditativ weltferner Selbstfindung und Comebackversuchen als „Deva-Engel“ herum wie ein Verzweifelter, der nach 25 Jahren aufgeblasener Pseudowichtigkeit nicht einsehen mag, daß er bloß ein Mensch ist. und andererseits genau das mit Vehemenz beweisen möchte. Als er sich 1995 nackt ans Tor der JVA Aschaffenburg kettete, um für die Freilassung seines Bruders (des SPD-Politikers Dieter Schinzel) zu demonstrieren, war sich die Welt einig: Der ist nicht mehr zu retten. Die Biographie eines solchen Typs verspricht eine Menge. Die Niederlegungen der BamS- und ZDF-Mitarbeiterin Millauer haben zwei Nachteile: Sie sind fürchterlich schlecht geschrieben und zudem „autorisiert“ – was heißt, daß Millauer Anders nicht nur kennt, sondern in seiner „Aura“ herumflattert wie eine Motte um die abendliche Gartenfunzel. So kann keine gute Biographie entstehen, schon gar kein „psychologisches Porträt“. Aber das macht nicht viel; wer ein bißchen Sinn fürs Bizarre, in alpine Höhen der Ridikülität Verstiegene hat, wird das Buch gerade deshalb genießen: staunend, kopfschüttelnd, schreiend vor Kichern, immer mit der bangen Frage im Hinterkopf, ob man da nicht einer grellen Parodie aufsitzt. Ernsthaften Musikhistorikern und Schlagernostalgikern sei indes empfohlen, sich von der folgenden Wertung [mindestens] zwei Sterne wegzudenken.

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