Daniel Decker

Weißer Wal

Tumbleweed / Broken Silence

Der Wahlberliner gibt mit seinen Post-Hamburger-Schule-Songs der Selbstoptimierungs-Generation eine Stimme.

„Wir sind frei“, trällerte Jochen Distelmeyer 2003. Ein Jahr nach Blumfeld waren Die Sterne dran und sangen: „Wir sind wie Du.“ 2007 dann Tocotronic: „Wir sind viele.“ Und jetzt, kein Jahrzehnt später, Daniel Decker: „Wir sind im Krieg gegen uns selbst.“ Nennen wir es ruhig den Zeitgeist, den der Wahlberliner, bislang vor allem Labelchef und Blogger, auf den Punkt bringt mit seinem Debüt WEISSER WAL.

Ja, man kann Decker problemlos einordnen in die Tradition der Hamburger Schule. Zwar fehlt ihm die ironische Distanz der alten Helden, aber dafür sind seine Parolen mindestens ebenso griffig wie die der Klassiker: „Ich gegen diese Welt“, singt er mit seiner manchmal leicht quengeligen Stimme, und: „Wir müssen was tun!“. Oder: „In diesen Zeiten werden wir streiken für das Leben, das wir einmal wünschten.“ Yeah. Er fordert „mehr Lyrik“, will „Sätze, richtige Sätze“ und sehnt sich nach „etwas, wofür es sich lohnt aufzusteh’n“.

Vor allem aber: „Wir brauchen mehr Texte.“ Warum? „Wir wollen da sein, wenn alles zerfällt/ Wenn alles explodiert und uns dann endlich gefällt.“ Da traut sich einer nicht nur knackige Wir-Botschaften in griffigen Melodien über rotzfrechen Gitarren, da hat vor allem einer genau hingehört, was in seiner Generation los ist. Diese Selbstoptimierungs-Generation, der über der Digitalisierung des Lebens nach den Idealen nun auch noch die Wünsche verloren gegangen ist, und der nun aufgeht, dass sie sich – eben – im Krieg gegen sich selbst befindet, hat nun eine Stimme gefunden.