Depeche Mode

Delta Machine

Columbia/Sony Music 22.3.

Es fauchen und pulsieren die Maschinen. Imposant klingen tut es ja, das Update 2013 der Synthie-Pop-Dreifaltigkeit.

Was Depeche Mode bislang fast jedem ihrer Alben voranstellten, waren fabelhafte Leadsingles – zuletzt zu SOUNDS OF THE UNIVERSE (2009) das erstaunlich aufwühlende „Wrong“. „Heaven“, der erste Release zum elften Album der Band, muss leider zu den Ausnahmen von dieser Regel gezählt werden. Das Stück trabt als Bluesrockballaden-Standard der DeMo-Schule dem Album allzu gemächlich voraus, mit einer mollnen Akkordfolge kellerwärts, wie sie sich Schülerbands ausdenken, wenn sie mit „Knockin’ On Heavens Door“-Covern durch sind. Aber wenigstens führte „Heaven“ auch ein wenig in die Irre. Denn DELTA MACHINE ist nicht etwa ein müder Abklatsch des rockenden, gospeligen Selbsterneuerungs-Opus SONGS OF FAITH AND DEVOTION (1993). Die neue Platte hält sich mit Martin Gores Gitarren und allzu großer Erdigkeit sogar betont zurück. Dave Gahan bleibt dafür jedoch breitbeinig in der Preacher- und Sinner-Ecke stehen und wird diese Rolle, von der er früher nicht zu träumen gewagt hätte, als er noch mit den Keyboards unschuldige Melodien um die Wette sang, auch niemals freiwillig räumen. Er spielt sie ja auch gut, selbst wenn er es ein wenig übertreibt, jetzt auch noch in die Kopfstimme kippt (ganz abgesehen von dem grundsätzlichen Problem, dass seine Dramatik oft in keinem Verhältnis zu den vorgetragenen Text­klischees steht).

Allerdings hat Gahan diesmal auch unter einem echten Schicksal zu leiden: Es ist egal, wie er sich bemüht, er wird immer der Co-Star von DELTA MACHINE bleiben. Denn die Hauptrolle gehört den Maschinen. Und damit hält eben doch wieder Gore die Zügel in der Hand, dessen großes Hobby es ja geworden ist, sich ganze Modular-Synthesizer-Wände einzurichten. Wenn man weiß, an welchen Knöpfen dieser analogen Klangerzeuger man drehen muss, faucht und kreischt, pumpt und pulsiert, dröhnt und flirrt es fast noch prächtiger als auf den großen Referenzalben der Siebziger. Gepaart mit dem über die Jahre weiter ausgebauten Talent zum gelungenen Arrangement im Hause Depeche Mode, rettet sich das Album über einige Längen hinweg. Doch spätestens zur zweiten Hälfte, wenn Songs wie „Soft Touch/Raw Nerve“ und „Should Be Higher“ sich aufschwingen zu einigermaßen geraden Synthie-Pop-Nummern, die einem Ahnung von der pathetischen Dringlichkeit der MUSIC FOR THE MASSES-Ära geben und sich dann eben doch nur verhalten können zu dieser, steckt man mit drin im Quark, aus dem DeMo da nicht so richtig kommen. Aber es gibt glücklicherweise auch Songs wie „My Little Universe“: trocken, minimalistisch und intim, nimmt sich vom Techno und den mittleren Radiohead, und weiß gleichzeitig darum, was Depeche Mode auch jenen gegeben hat. Geht doch!