Enno Bunger

Flüssiges Glück

PIAS/Rough Trade VÖ: 9. Oktober 2015

Der ostfriesische Singer-Songwriter überrascht mit Elektronica-Ausflügen.

Es ist sein drittes Album und doch ein Debüt: FLÜSSIGES GLÜCK ist Enno Bungers erstes Werk, das er ohne seine Band aufnahm. Für die zehn neuen Songs standen The xx und der aktuelle Deep-House-Trend Pate, was besonders deutlich im minimalistisch strahlenden „Neonlicht“ nachzuhören ist. „Renn!“ klingt wie eine deutsche Version des düsteren Editors-Songs „Eat Raw Meat = Blood Drool“. Dabei sprechsingt sich Bunger durch die Strophen, ohne in kruden Rap zu verfallen, und wiederholt dieses Kunststück in „Wo bleiben die Beschwerden?“, seiner Abrechnung mit dem NSU-Prozess und der Ignoranz der Gesellschaft, wenn es um rechte Gewalt geht. Dass Bunger seine Wurzeln nicht vergessen hat, zeigt der Pianoschunkler „Am Ende des Tunnels“.

FLÜSSIGES GLÜCK grenzt sich konsequent vom bisherigen Schaffen Bungers ab, so auch der Schlüsseltrack der Platte, „Hamburg“, eine zehnminütige Reise durch verschiedene Klangfarben. Beginnend mit dem altbekannten Melancho-Piano wächst der Track über schwelgerische Gitarren­akkorde zu einem Post-Trance-Monstrum an, zu dem gar ekstatisch getanzt werden kann. Wer hätte so etwas schon vom ehemaligen Barpianisten erwartet?