Godley & Creme – Ismism

Ob sich unsere beiden Rock-Satiriker Godley & Creme auf ihrem vierten Alleingang seit 10 cc nun über Organismus, Rationalismus, Impressionismus, Provinzialismus oder Marxismus und andere „…ismen“ bzw. den Überbegriff „Ismus“ (= abwertende Bezeichnung für bloße Theorie) lustig machen, ein Hörgenuß ist ISMISM allemal. Was sich erst langsam beim Hören herauskristallisiert: die beiden nehmen die augenblicklich grassierende Rap-Welle, der). New York-Funk und Broadway-No Jazz ganz gehörig auf die Schippe.

Aber wie immer, wenn sich Godley & Creme daran machen, musikalische Genres zu ironisieren, kommt dabei ganz eigenständige, hochqualifizierte Musik heraus -— ein Kniff, den außer Frank Zappa nur wenige beherrschen. Da mir nur eine Cassette mit Minimalangaben vorliegt, kann ich nur vermuten, daß die instrumentalen Zutaten wieder überwiegend von Gizmo stammen, jener kleinen Wunderbox auf Gitarre und Baß.

Das Rap-Phänomen wird verschieden abgehandelt, prinzipiell aber mit verhaltener Musik und endlos monoton heruntergeleierten Texten: „Snack Attack“ jazzig und mit viel Bläsereinsatz, „The Problem“, ein elektronischer Country’n’Western-Rap-Song (wie bitte was? Hey, ja, wirklich!), der witzigste, „Lonnie“, Chronologie eines Verbrechens, ein literarischer Rap-Song — und der längste, „The Party“, erinnert an „Business Is Business“ mit der Textzeile „…I hope, the whole world comes to my birthday party“— Champagner-Rap (mit freundlichen Grüßen an Debbie Harry!). Der banalste Rap-Song „Ready For Ralph“ beschränkt sich auf einen einzigen Satz, was schon oft einen guten Pop-Song ausgemacht hat.

Neben den Rap-Parodien bietet ISMISM dann die allseitig bekannten Middle-Of-The-Road-Schnulzen, die uns seit Jahren die amerikanische Hitparade beschert. „Under Your Thumb“ (die neue Single) entlarvt die Einfallslosigkeit der New Romantics und bietet mit dem Schluß, der wie eine Welle zurückschwappt, perfekten Kitsch, „Wedding Bell“ ist so gekonnt arrangiert, daß es die Evergreen-Komponisten Leiber/Stoller hätten schreiben können und erinnert schon deshalb an „Chapell Of Your Love“. „Sale Of The Century“ hechelt alle Spielarten von Schuwidu-Chören durch. Stilistische Ausnahme auf der LP ist Joey’s Camel“, das an die frühen Arbeiten von Brian Eno erinnert.

Godley & Creme haben es mit ISMISM bestimmt nicht bei abstrakter Theorie belassen, sondern ein weiteres Mal bewiesen, daß sie zu den wenigen Musikern zahlen, die ihren hohen Standard halten – gleichgültig, welcher Trend gerade angesagt ist.