Iggy Pop

Post Pop Depression

Caroline /Universal

Iggy und seine Supergroup mit Josh Homme: Wie toll, dass es diese Platte gibt. Schade nur, dass der Wüstenrock mit Berlin-Einschlag nicht ein bisschen mehr auf der Pfanne hat.

Klingt doof, ist aber so: Die Todesfälle von Lemmy Kilmister und David Bowie haben Iggy Pop erheblich aufgewertet. Er ist „The Passenger“: „He rides and he rides.“ Und jetzt POST POP DEPRESSION. Perfekt betitelt, gerade in Zeiten wie diesen. Aufgenommen mit Josh Homme als Partner, weiterhin in der Band: der Tausendsassa Dean Fertita von The Dead Weather und Matt Helders, Drummer der Arctic Monkeys. Ein Kompetenzteam also, und das ist gut und wichtig, denn gute Iggy-Pop-Alben waren zuletzt nicht die Regel.

Unter eigenem Namen sang er Lieder auf Französisch, verzettelte sich in Kunstliedern oder Spoken-Word-Funk – und wenn er rockte, dann unter Niveau. Die bislang letzte richtig gute Soloplatte war AMERICAN CAESAR, seine Reinkarnation als Lederhaut. Und das ist 23 Jahre her! Okay, da waren noch die zwei Alben mit den wieder formierten Stooges. Aber es ist doch so: Die Gefahr, die von den Stooges ausgeht, ist vergleichbar mit dem Überqueren einer roten Fußgängerampel im nächtlichen Goslar. Kaum jemand hat die Alben verrissen. Aber kaum jemand hört sie heute noch.

Dass Homme so sehr an einer Zusammenarbeit mit Iggy Pop interessiert war, ist dem dunklen Funkeln zu verdanken, das man mit ihm verbindet. „Jetzt kommen sie wieder mit Berlin“, wird manch einer denken. Klar, das tun wir, ein Song hier heißt hier nicht ohne Grund „German Days“. Iggys Jahre mit Bowie in West-Berlin üben auf Leute wie Homme eine unglaublich große Faszination aus. So etwas wie damals wird es wohl nie wieder geben können; Homme muss schauen, dass er sich die Dienste der Zeitzeugen sichert.

Bowie und Homme – das hätte auch was werden können, aber wir wissen ja jetzt, dass Bowie sehr streng zu den Kollegen war. Pop und Homme ist naheliegender, zumal Iggy schon weiß, dass ihm die Zusammenarbeit mit dem Großmeister des Rock’n’Roll-Trockenbaus helfen wird. Hommes Talent ist es, einen Klang zu gestalten, der unten herum keine Frage offen und oben Platz für Melodien lässt. Und Iggy Pop nutzt diesen Raum: „Break Into Your Heart“ schleppt sich zwar ein wenig träge in die Ohren, bleibt dort aber hängen. „Gardenia“ ist tatsächlich ein Stück, das in Bowies guter Rückblicksphase (1999 bis 2003) perfekt aufgehoben gewesen wäre.

Iggy tut Homme zudem den Gefallen, es mit der Theatralik auch mal zu übertreiben: „American Valhalla“ und der 70s-Rock-Groove von „In The Lobby“ haben einen skurrilen Gruselfaktor. Die Schwächen von POST POP DEPRESSION zeigen sich bei „Sunday“: Das Gitarrenriff ist so konservativ wie ein CSU-Landrat aus dem Alpenvorland und viel zu laut abgemischt. Dass sich das Stück nach knapp fünf Minuten in einen Renaissance-Walzer wandelt, ist eine super Idee – kommt aber sehr spät. Generell klingt POST POP DEPRESSION stellenweise überraschend träge. Was bleibt, sind einige prima Einfälle, Iggys großartiger Vortrag sowie eben das perfekte Timing.