Jackie :: Regie: Pablo Larraín

Ein Biopic, das nicht im Traum daran denkt, sich an die Konventionen eines Biopics zu halten.

Wer war eigentlich diese Jacqueline Kennedy Onassis? Eine Frau, die sich glamourös gab. Eine Stilikone. Unkaputtbar. Unnahbar. Eine, die sich nicht nur über ihren Mann definieren lassen wollte. Eben alles andere als nur die First Lady. Da versteht es sich von selbst, dass der chilenische Regisseur Pablo Larraín („No“) mit seinem Biopic auch nicht den normalen Weg geht.

In „Jackie“ bekommen wir also nicht den klassischen Rise & Fall eines Stars vorgeklatscht. Die Geburt in Southampton spielt genauso wenig eine Rolle wie ihre Bemühungen um die Kulturförderung. Wenn juckt das auch? Haben wir schon x-Mal gesehen und x-Mal wieder vergessen. Larraín rückt viel lieber die Woche nach dem Attentat auf John F. Kennedy im Jahr 1963 in den Fokus. Sieben Tage, in denen ihr Leben komplett außerhalb des normalen Clusters verlief.

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Den Rahmen für die Story bildet ein Interview mit dem Journalisten Theodore H. White (Billy Crudup), das später im LIFE Magazine erscheinen sollte. Eine zähe Angelegenheit. Jackie macht von Anfang an klar, dass dieses Feature nur so veröffentlicht werden kann, wie sie es haben möchte. Ihre Sichtweise, ihre Wortwahl. Dabei geht es ihr hauptsächlich darum, dass Vermächtnis ihres Mannes zu sichern. Immer wieder drängt sie White das Musical „Camelot“ und die Analogie zu ihrem Mann auf, der es wohl so gerne nachts hörte und in dem es heißt: „Don’t let it be forgot that for one brief shining moment there was Camelot.“ Und genau damit schaffte sie ihm ein Denkmal.

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Jackie Kennedy bleibt nach dem Tod ihres Ehemanns keine Zeit. Sie wird sogleich zum Auszug aus dem Weißen Haus aufgefordert und auch im LIFE-Interview wird deutlich, dass White nur allzu gern von ihr wüsste, was sie als nächstes machen wird. Zeit, um mit dem Verlust fertig zu werden, bleibt wenig. Die Stärke von Larraíns Werk ist es, diese einschneidenden Momente der Veränderung extrem langsam und extrem schnell zugleich darzustellen. Die Entscheidung zwischen pompöser Zeremonie oder einer vollkommen abgeschotteten Beerdigung, wird für den Zuschauer gefühlt von einer Sekunde zur nächsten getroffen – und dann wieder umgeworfen. Ein Augenblick, in dem die Disharmonie der Zeit noch stärker auf den Punkt gebracht wird: Lyndon B. Johnson legt seinen Amtseid im Flugzeug ab, gleich nachdem JFK niedergeschossen wurde und Jackie nun in die Leere vor sich hinstarrt. Puh.

Die makellosen Closeups der ebenso makellos hergerichteten Natalie Portman sind wie ein Fünf-Gänge-Menü für die Augen. Beständig wechselt Portman zwischen den vielen Facetten ihrer Figur: erst würdevoll, dann verzweifelt und dann wieder äußerst liebevoll, wenn es beispielsweise um ihre Kinder geht. Die Aufnahmen sind ikonisch und könnten auch problemlos aus einem Bildband über die echten Kennedys stammen.

Pablo Larraín betreibt mit „Jackie“ dennoch keine Imagepflege im Namen der Kennedys. Dafür geht er oft genug viel zu drastisch und fast schon rücksichtslos in seiner Charakterstudie vor. Und auf Vollständigkeit der historischen Ereignisse gibt er rein gar nichts. Larraín scheint vielmehr so vernarrt in den Wunsch, herauszufinden, was zu der damaligen Zeit im Kopf der First Lady vorging, dass er auch uns zum Hinschauen ohne Blinzeln zwingt.

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