Jamie Lidell

Jamie Lidell

Warp Records/Rough Trade 15.2.

Die Zeit der Soul-Aufarbeitung scheint  vorbei zu sein. Der englische Weltenbummler kollidiert auf seinem sechsten Album mit dem Super-Funk-Mobil.

Nanu, wer ist das denn? The Gap Band? Cameo? Full Force? Bootsy Collins? Solche Namen schwirren im Kopf herum, wenn man Jamie Lidell dieses Mal bei seiner musikalischen Rückbesinnung zuhört. Nach längeren Soul-Erforschungen ist der umtriebige Engländer wieder bei dem Sound gelandet, den er Ende der 90er-Jahre zusammen mit Cristian Vogel unter dem Namen Super_Collider kreiert hat. Es geht um den Funk, der von schwarzen Musikern in den 80er-Jahren gespielt wurde, als sie genötigt waren, ihre Big-Band-Besetzungen aufzugeben und die Musik zu verändern. Alles hatte vollelektronisch zu klingen, aber unter Beibehaltung der alten Tanzbarkeit. Jamie Lidell fühlt sich hörbar intensiv in diese Zeit hinein. Eine ähnliche Idee hatten auch schon andere Musiker vor ihm, man muss da nur an Kindness im vergangenen Jahr denken. Unser Freund will es im Vergleich dazu allerdings ganz genau machen. Bass-Synthesizer glucken und blubbern, Drumcomputer sind im Dauereinsatz und der Gesang ist so überkandidelt wie bei einer kosmischen Freak-Show. Diese schrille Tour nimmt man dem Sänger voll ab. Den Verdacht der Scharlatanerie konnte er bei vielen seiner musikalischen Exkursionen ja nie ganz ausräumen. Hier ist er dagegen in seinem Element. Zwar verzettelt er sich schon mal und übertreibt etwas, aber seine Begeisterung steckt an, und Songs wie „Do Yourself A Faver“, „You Naked“ und „In Your Mind“ sind tolle Electro-Funk-Updates.