Jazz

Als Steve Gadd zu Anfang der 80er noch mitmischte, nannte man sich schlicht Steps. Dann wechselte der Drummer Peter Erskine zur Hobby-Band der Studio-Cracks — die fortan als Steps Ahead den Anspruch erhob.

der Konkurrenz um eine Nase voraus zu sein. Was ihre LPs anno 1983/84 denn auch mehr oder weniger bewiesen: souveräner Popjazz, ganz up to date.

Auf MAGNETIC (WEA) hat der (wie Erskine von Weather Report kommende) Bassist Victor Bailey die Rolle von Eddie Gomez übernommen. Mehr denn je triumphiert die Elektronik. Das einst zum Aufhorchen verleitende Rezept ist aber längst zum Weg des geringsten Widerstands verkommen: Ohne Biß und Risiko strickt man solide weiter. Und ich hatte gedacht, ein so brillianter Saxophonist wie Michael Brekker könne selbst bei gebremster Emotion nicht schlichte Routine abliefern. Dennoch ein paar achtbare Titel — und der Platz im Fan-Regai steht außer Frage. Knapp: (4)

Nicht nur vom Alphabet her eng daneben: Spyro Gyra mit ihrem BREAKOUT (WEA). Jay Beckenstein (Sax) setzt auf eine Prise Rock. Vor allem auf der A-Seite darf die Gitarre heavy gegen die Marimbas anstinken. Harmoniefolgen und Improvisationslinien aber sind denn doch vom Jazz geprägt. Der Titel des Albums soll andeuten, daß man frisch drauflosspielen wollte. Warum dann nicht gleich eine Live-LP? Kein Ausbruch also: Perfektion und Virtuosität bleiben Trumpf. Brav bis nett. (3)

Noch was aus unmittelbarer Nachbarschaft: David Sanborn macht das Trio der Fusion-Saxer komplett. Er tut’s mit Tastenstreichler Bob James und den tausendfach bewährten Rhythmikern Marcus Miller plus Steve Gadd. Hätte er’s nicht getan, wir hätten wenig versäumt — und schon gar keine DOUBLE VISION (WEA). AI Jarreau wäre es erspart geblieben, sich mit der Schnulze „Since I Fell For You“ für gemeinsame Tournee-Zeiten zu revanchieren. Für verschmuste Balladenfreunde ist all das vielleicht eine (3) wert.

Aber wo bleibt der JAAZZ?? John Abercrombie verwirrt auf CURRENT EVENTS (ECM) zum Einstieg mit einem schlichten Lied für seinen neuen Guitar Synthesizer. Aber dann erinnert die zart hingetupfte „Alice“ an Bill Evans — und es geht ruhig melodiös weitei wie ursprünglich erwartet. Auch Peter Erskine und Baßmann Mark Johnson tragen auf der Cover-Rückseite Pullover, die optisch das Gehörte bestätigen: locker, nordisch, ohne Brimborium. (4)

Garantiert Jazz. 298 BRIDGE STREET (amf), eine neu abgemischte Wiederveröffentlichung der Musik, mit der Pianist Ken Werner 1981 in New York an eine wenig beachtete Phase seines Tastenkollegen Keith Jarrett anknüpfte. Der nahm in der ersten Hälfte der 70er zahllose LPs mit Dewey Redman. Paul Motion und Charlie Haden auf: rhythmisch wie harmonisch freie Kompositionen, meist hymnisch und vom Pulse getragen. Das besorgen mit Ken Werner die Saxophonisten Joe Lovano und Billy Drewes (beide Sidemen von Paul Motian). Und den Part Sam Browns übernimmt der legendäre Gitarrist Bill DeArrango, der einst mit Charlie Parker auftrat und nach 3üjährigem Straßenmusikanten-Dasein (!) zum ersten Mal wieder professionell in die Saiten greift. Knapp: (5)

Für das New York Shakespeare Festival hat Klarinettist John Carter seine Suite CASTLES OF GHANA (Gramavision) geschrieben. Orchestrale Konzertmusik, aufrüttelnd statt erbaulich (es geht um Sklaverei). Ein vielfältiges Emotionsspektrum von freien Kollektiv-Raserein bis zu kontemplativer Gesinnung. Hier ging es einem schwarzen Jazzer mal nicht um den verkrampften Nachweis der E-Musiker-Würde. Carter entwickelt souverän „Unerhörtes“ — an die gesamte Jazzgeschichte und die neuere europäische Klassik anknüpfend. (4)

Von Haus aus klassisch geprägt sind zwei auf ENJA veröffentlichte Pianisten: der deutsche Uli Lenz, der vom Cluster bis zum Impressionisten alles „drauf hat“. Stile aber zum Glück sehr wohlbedacht in Kontrast zueinander setzt. Er bringt den Flügel zum Singen — von den grummelndsten Tiefen bis in die flirrendsten Höhen. (4)

Der italienische Klavierprofessor Enrico Pieranunzi führte 1984 auf den Berliner Jazztagen vor. was Anschlagskultur ist. Als Platte nennt sich das (vor allem Hardbop-)Unternehmen AUTUMN SONG: Knapp (4).