Keimzeit – Privates Kino

„Rentner im Rudel nerven /das läßt sich nun mal nicht leugnen“ – Norbert Leisegang, Sänger und Texter der Brandenburger, nimmt kein Blatt vor den Mund. Gut möglich, daß die Boulevardpresse dem Sextett daraus einen Strick drehen wird, aberwenn die Gerontokraten in der Republik die Macht übernehmen, wird man sie ja wohl kritisieren dürfen. Wir leben nicht in der DDR, wo die Wurzeln von Keimzeit liegen. Damals flogen sie mit ihrem progressivem Rock knapp unterm Radar der Zensurbehörden, immer in Gefahr, eine Vorladung zu bekommen. Erst nach der Wende konnten sie Platten machen und ihr Publikum medial erweitern. Seit 1998 arbeitet die Band mit Franz Plasa zusammen, „Privates Kino“ ist ihre vierte Kooperation, besonders Rhythmen und Gitarrensounds tragen klar und deutlich die Handschrift des Selig-Produzenten. Zur Hälfte ist Keimzeit ein Familienunternehmen, mit Roland, Hartmut und Norbert ist die Familie Leisegang gleich dreimal vertreten. Von leisen Tönen kann indes keine Rede sein, das Sextett spielt gitarrenlastigen Rock, der sich um den Gesang gruppiert. Die Texte vom dichtenden Frontmann überzeugen mit klarer Sprache, ungewöhnlichen Themen und Emotionen. Die Ode an „Ganz Normale Frauen ist herzlich, aber keineswegs unkritisch; „Paul“ will sich prügeln und sieht überall Nazis; ein Schwarm Zugvögel wird bis „Mailand“ begleitet. Und auch zum Thema Fortpflanzung fällt ihm eine geile Zeile ein: „Die Natur konkav als auch konvex / ist weiter nichts als Sex“ (aus „Tage ohne Sex“).

www.keimzeit.de