Messer

Jalousie

Trocadero/Indigo

Der nächste Schritt: Die Postpunk-Band wird avantgardistisch, ohne auf Hits zu verzichten.

Auf Messers Schneide: Neues Label, neuer Gitarrist. Anderes Design, andere Orte. Zwei Alben lang war die Gruppe Messer aus Münster eine sehr starke Postpunk-Band, deren Cover Bilder von Sänger Hendrik Otremba zeigten und deren Musik eher nach Probekeller als nach großem Drama roch. DIE UNSICHTBAREN verkaufte sich 2013 beachtlich. Der Band war klar, dass nun eine neue Phase beginnen muss. Dass dann der Gründungsgitarrist die Band verließ, bereitete Schmerzen, förderte aber die Erneuerung. Erste neue Stücke entstanden häufig an der Orgel, Rhythmus und Beat nahmen an Bedeutung zu, Messer nutzten den Umstand, zwei Drummer in ihren Reihen zu haben.

Nach und nach entstanden so die Songs von JALOUSIE – dem dritten Album, das die Band weiterführt, ohne komplett mit der Vergangenheit zu brechen. Selbstverständlich bleibt die Stimmung düster. „So sollte es sein“ erinnert an Nick Caves „The Carny“, Otremba (schon länger in Berlin daheim) wird von Stella Sommer begleitet, der dunklen Stimme von Die Heiterkeit, Micha Acher von The Notwist spielt Trompete – eine Platte, die so beginnt, die kann einen nicht kalt lassen. „Der Mann der zweimal lebte“ ist der erste Hit, von Percussion vorangetriebener Postpunk-Pop, der sich 50 Sekunden vor Schluss sensationell öffnet. Ein Liebeslied zudem, Otremba wollte ein solches eigentlich nie schreiben – wie auch in dieser kaputten Welt?

Auf JALOUSIE fragt er sich nun an einigen Stellen, wie das funktionieren kann: Liebe in Zeiten von Polit-Pest und Sozio-Cholera. Dass Otremba ein Suchender ist, das zeigt seine Sympathie für Detektive: Ein Krimi Noir aus der Feder des gerne in Trenchcoats Gekleideten ist in Vorbereitung, der Song „Detektive“ klingt wie A Certain Ratio, also eigenwillig nach Funk und Wave zugleich.

Gegen Ende übernimmt der Ekel, die absolute Dunkelheit. Die Songs heißen „Die Hölle“ oder „Die Echse“, „Schwarzer Qualm“ ist ein metaphorisch verpackter Deutschland-Diss. Interessant: Der angsteinflößende Album-Prolog „Kachelbad“ findet sich nicht auf der Platte, sondern nur auf der Vorab-EP. Jochen Arbeit von den Einstürzenden Neubauten lärmt herum, Otrembas Sprechgesang erinnert an den „Prolog“ vom Neubauten-Album HAUS DER LÜGE. Erstaunlich, wie elegant und poppig Messer mit dieser Platte an die deutsche Avantgarde anknüpfen.