Monster von Palty Jenkins, USA 2003

In jedem guten Horrorfilm, so Martin Scorsese, identifiziert man sich mit dem Monster. Wenn dem so ist, dann ist das Regiedebüt der jungen Amerikanerin Patty Jenkins ein ausgezeichneter Horrorfilm. Monster, Serienkiller – so erinnert man sich an Aileen Wuornos, die in Florida Ende der 80er Jahre sechs Männer getötet hat und dafür vor zwei Jahren hingerichtet wurde, monster gelingt das seltene Kunststück, den Menschen hinter den Verbrechen sichtbar zu machen, die Taten des „ersten weiblichen Serienkillers“ [so das Medien-Etikett für Wuornos) in einen Zusammenhang zu setzen, ohne deren Sinnlosigkeit und Kaltblütigkeit in Frage zu stellen. Dabei sind Patty Jenkins und ihre einfach unglaubliche Hauptdarstellerin Charlize Theron so erfolgreich, dass in den USA längst eine Kontroverse von Angehörigen der Opfer losgetreten wurde, hier werde versucht, aus einem Täter ein Opfer zu machen. Dämonisierung mag ein amerikanisches Grundbedürfnis sein, aber Jenkins fällt darauf nicht herein. Gut so. Denn ihre Neugier, ih-. re Energie bescheren uns einen außerordentlich wütenden Film, ein Blick hinter die Fallstudie, mitten hinein in die überbrodelnde Gefühlswelt einer Frau, die Zeit ihres Lebens, beginnend mit der Vergewaltigung durch ihren Vater im Alter von acht Jahren, missbraucht wurde. Wenn die Straßenprostituierte – von dem schier nicht wieder zu erkennenden Ex-Model Theron in einer wirklich erschreckend realistischen Darstellung zu Leben erweckt – mit ihrem in unendlichem Schmerz und nacktem Terror längst zur Fratze erstarrten Gesicht in einem Moment tiefster Verzweiflung die zierliche Selby kennenlernt und sich Hals über Kopf in sie verliebt, dann ist sie in ihrer Beziehung so hilflos, dass sie nicht anders kann, als all die Machoposen derer zu kopieren, die ihr das Leben zur Hölle gemacht haben. Und man weiß: Da kommt keiner lebend raus, aus diesem ungestümen, leidenschaftlichen Film, der wie der durchaus vergleichbare bovs dont cry vor fünf Jahren genügend bittere Fragen aufwirft und traurige Antworten bereit hält, um Amerikas Herz bluten zu lassen.