Mordfall Kurt Cobain

Es herrscht ein merkwürdiger Drang zu Zurückhaltung und „Beide-Seiten-Hören“, wenn es um Kurt Cobains Tod geht -angefangen mit der Seattler Polizei, die von Anfang an wie bei toten Junkies üblich) von einem Selbstmord ausging, bis zu diversen Aufarbeitungen, die angesichts anschwellender Indizien und Widerspruchsberge doch immer die salvatorische Klausel „Könnte auch Selbstmord gewesen sein“ beifügen. Mein Artikel im letzten Heft war keine Ausnahme – zu ungeheuerlich ist, was sich hinter den erwähnten Bergen an Verdacht zusammenzieht, um es ohne erschöpfende Belege einfach in den Raum zu stellen. Halperin und Wallace könnten sich das leisten. Sie haben den Fall über acht Jahre studiert, hatten Zugang zum Tonband-Archiv von Tom Grant, dem „Pionier“ der Mordtheorie der allerdings einige Mitschnitte nach wie vor erst freigeben will, wenn es zu einer neuen Untersuchung kommt), sprachen direkt oder (per Grant-Band indirekt mit praktisch allen Beteiligten im engeren und weiteren Kreis (auch Kurts Familie!) und warten mit einem Schwung neuer, verblüffender Erkenntnisse auf. Courtneys Webchat (im letzten Heft auszugsweise zitiert) bleibt unerwähnt; dennoch ist auch das Fazit von Halperin/Wallace äußerst zurückhaltend und fair: Was auch immer passiert ist, ein Selbstmord war es mit größter Sicherheit nicht. Höchste Zeit, dass die offiziellen Zuständigen endlich ihre Arbeit tun. Vielleicht ist dieses [spannend geschriebene, aber schlampig verdeutschte) Buch Anlass genug.