Peter Maffay :: X

Ende letzten Jahres sagte Peter Maffay zu seiner Band: „Ihr Jungs schreibt jetzt Songs, und ihr schreibt sie so extrem, wie ihr nur könnt.“ So kam es, dass Maffay auf seinem 2000er Album keineswegs ganz der Alte blieb. Denn grollender Heavy Blues und Jimmy-Page-schnittige Intros waren bislang nicht unbedingt Maffays Markenzeichen. Das Sonderbare ist nur-X sollte eigentlich noch viel radikaler geraten. Aber Maffays mittlere Reife trug im X-Vorfeld zu zwischenmenschlichen Irrungen und Wirrungen bei, die der Jung-Fuffziger auf seiner neuen Platte reflektiert wissen wollte. Und der ursprünglich konzipierte Brachial-Stoff war dann doch nicht der ideale Träger für brandaktuelle Botschaften, mit denen Maffay sich direkt, aber dezent verschlüsselt an etliche Betroffene wendet. Bleibt die ewigjunge Frage: Ist X Maffay-Musik? Ja: Denn der melancholische Spirit von Schloss Bran weht par excellence durch so manchen Dreiklang; etliche Kompositionen tönen grandios, und die Schwäche für lyrische Binsen ist vernehmlich. Nein: Weil selbst vom immer reger werdenden Midlife-Maffay eine so hardgesottene Leidenschaft nicht zu erwarten war Dank Maffays Changieren zwischen melodiöser Andacht und rockiger Attitüde verfügt X über üppigen Unterhaltungswert. „Bis ans Ende der Welt“ rankt sich um ein historisch korrektes Riff.“Bring mich nach Haus“ vereint Drum ’n‘ Bass mit Rhythm ’n‘ Blues. Hypnotisch soft-rappt sich „Rette mich“ durch Procol-Harum’sches Erbgut („Boredom“ von 1967). Satte Bässe grummeln im herrlich minimalistischeri „Wenn du willst“. Absolut zeitgemäßen Rock ’n‘ Roll emittiert „Freier Fall“. Twangy traumwandelt die Cretsch durch „Deine Chance“. Mit dem überirdischen „Novembermond“ übertrifft Maffay sich selbst. Hardrock dröhnt zum Semi-Finale („Keiner kommt hier lebend raus“). Maffay strotzt nur so vor seinen Qualitäten-sonorer Gesang, makellose Produktion, effektives Teamwork mit den besten Deutschrockern. Ohne Zweifel: Er steht mit X im Zenit. Und darum ist jetzt ein Solo-Album fällig.