Radiohead :: Kid A ; Amnesiac; Hail To The Thief

Bilderstürmer am Werk: Radiohead verschmelzen Rockund Elektronik mittels Dekonstruktion und Abstraktion zur Musik für das 21. Jahrhundert. So viel Veränderung ist selten geworden in der populären Musik. Mit OK COMPUTER hatten Radiohead 1997 ein monolithisches Meisterwerk geschaffen, im symbolträchtigen Jahr 2000 schlugen sie den einzigen Weg ein, der es ihnen erlaubte, sich treu zu bleiben: Sie erfanden sich komplett neu. KID A stellte alles auf den Kopf, was sich bis dahin – selbst im weitesten Sinne – Pop nannte. Das Album ist ein irrwitziges Kaleidoskop aus Textfetzen, Melodiesprcngseln und spooky Rhythmen, aus Rock und Elektronik, Dekonstruktion und Abstraktion, ein Klanglabyrinth, das sämtliche konventionellen Strukturen hinwegfegte. Mit dieser – verzeihen Sie – Sieben-Sterne-Platte avancierten Thom Yorke, Jonny und Colin Greenwood, Ed O’Brien und Phil Selway nolens volens endgültig zu den „Pink Floyd des 21. Jahrhunderts“. Das kaum schwächere Nachfolgealbum AMNKS1AC (2001) ähnelte in Geist und Gestus dem genialen Vorgänger. Was Wunder, waren die Tracks doch teilweise bei den gleichen Sessions aufgenommen worden. Zwei Jahre später erschien HAIL TO THE THIEF, das den Hörgewohnheiten eines breiteren Publikums wieder etwas näher kam, ohne dass Radiohead ihren Hang zur Komplexität, zum Artifiziellen und Experimentellen aufgegeben hätten. Der aufgeklärte Hörer hat diese drei Longplayer längst im Regal stehen – KID A und AMNESIAC womöglich gar als Vinyl im coolen Doppel-EP-Format -, gleichwohl ist der Mehrwert der jetzt als Doppel-CD mit Bonusdisc (in der Deluxe-Edition zusätzlich mit einer DVD) neu aufgelegten Werke beträchtlich: All die B-Seiten, Liveaufnahmen-eingespielt unter anderem für die BBC und den französischen Sender Canal + -, Remixe, etc. beeinträchtigen die Statik dieser Trilogie nicht, im Gegenteil: Man hört vieles, als war’s das erste Mal. Ein Wunder, nicht weniger.