Samantha Crain

Under Branch & Thorn & Tree

Full Time Hobby/Rough Trade

Die Choctaw-Indianerin erzählt auf ihrem vierten Album inmitten von sanft gezupften Akustikgitarren ihre Folk-Geschichten als leise, eigenwillige Protestsongs.

Die Songs von Samantha Crain sind kleine Americana-Geschichten, Gedankenspiele einer Frau an der Gitarre. Halbfiktive Kurzgeschichten waren es auf den ersten beiden Alben SONGS IN THE NIGHT und YOU (UNDERSTOOD), bis die mittlerweile 28-Jährige 2013 auf KID FACE endlich anfing, über sich selbst zu schreiben – über das Erwachsenwerden und das Sich-Verlieben, über das Unterwegssein und Wieder-nach-Hause-Kommen, über den fein austarierten Schwebezustand zwischen bereuten Fehlern und Zukunftsbeschwörung.

Mit den autobiografischen Zügen bekamen ihre Songs erst das Profil, das sie den alten, weisen Stimmen aus der Plattensammlung ihres Vaters näherbrachte, denen sie als Kind so gern gelauscht hatte: Bob Dylan, Neil Young und vor allem Woody Guthrie, die größte Musiklegende der endlosen Südstaaten-Landschaft ihrer Heimat Oklahoma. Wo aber nach den Selbstgesprächen die Geschichten suchen? Crain fand: „Outside The Pale“ – „außerhalb der Umzäunung“, in den Randgebieten des amerikanischen Traums. Und so erkundet die geborene Choctaw-Indianerin auf UNDER BRANCH & THORN & TREE in leisen, ehrlichen, eigenwilligen Protestsongs das Leben von Frauen der amerikanischen working class. Verbitterte Single-Moms gibt es da, die raus wollen aus der Enge von „Elk City“, in die es sie mit 17 verschlagen hat – „In a boyfriend’s Colt wagon. On the 40 interstate“ – Tage mit zu viel Gin und Kaffee und schlichte Häuschen, in denen man festsitzt, aber irgendwie über die Runden kommt: „Even though I’m all alone, the view’s alright“ („Big Rock“).

Man kennt das alles. Es berührt trotzdem. Mit einer schönen, warmen Stimme – zwischen der Kraft einer Bonnie Riatt und der spröden Verletzlichkeit einer Joanna Newsom – erzählt Samantha Crain davon. Von den Geschichten, die nie im Fernsehen laufen: „You and I tell the stories the TV won’t release. They keep us in the wild, under branch and thorn and tree.“ Unter all den Zweigen und Dornen hat Samantha Crain Momente von blasser, erdiger Schönheit freigelegt.