Savages

Silence Yourself

Pop Noire/Matador/Beggars/Indigo

Wenn wir auf die Straße gingen und uns bei Passanten erkundigten, was denn Postpunk sei, käme das ungefähr der weit offenen Frage gleich: „Was ist eigentlich moderner Fußball?“ Auf dem Mist des Post- oder Post-Post-Punk ist ein vages Verständnis von Rockmusik gewachsen, das so gut wie jede Indie-Gitarrenband von den 1980er-Jahren an aufwärts verinnerlicht hat. Manchmal ist Postpunk auch alle Musik nach Punk. Im besseren Fall, und damit wären wir bei Savages, steht Postpunk für die Kraft der Erneuerung, für eine Energie, die sich aus der Depression speisen kann, für eine Verachtung des Männlichkeitswahns im Rock, wie Simon Reynolds in seinem Standardwerk „Rip It Up And Start Again“ schreibt. Mit diesem Debütalbum ziehen wir mit Savages noch einmal über die Ruinenfelder des Punk, und es muss nicht verschwiegen werden, dass SILENCE YOURSELF in seiner kalten Rastlosigkeit an die frühen Aufnahmen von Siouxsie And The Banshees, Joy Division und einer weniger bekannten Band wie Penetration erinnert. Das All-Girl-Quartett aus London ist in jeder Sekunde zur Stelle, dieses Getriebenwerden in Form zu bringen, in sägende und bohrende Dreiminutensongs mit massiven Gitarren und Bassgrollen zu lenken, Songs, die aus lauter beschädigten Leben berichten: „You have no face“, singt Jehnny Beth an einer Stelle und das klingt so aufgewühlt, als wolle sie ihren eigenen Gesichtsverlust zu Protokoll geben. Die Schadensmeldungen sind auch instrumentalen Passagen zu entnehmen, im rätselhaften Soundfragment „Dead Nature“ liegen die Klänge schon am Boden. Das wäre dann das lose Ende des Postpunk.