Telegram

Operator

Gram Gram/Rough Trade

Aus der Tiefe der neuen Rock-Mitte. Diese Briten demonstrieren, wie man Totgesagte länger leben lässt.

Dass zwei Musiker von Telegram in einer Tribute Band namens Proxy Music gespielt haben, wollten Sie jetzt vielleicht gar nicht wissen, weil das Ihre Erwartungshaltung bezüglich Telegram unschön verändern könnte. Die Roxy-Music-Coverkapelle sollte Sie aber nicht abschrecken, sie steht nur am Anfang dieser Kritik, weil sie etwas über die Band Telegram verrät.

Die vier Briten sind in einer Art Rock’n’Roll-Museum gefangen, wie so viele ihrer Zeitgenossen, sie kämpfen mit den Geistern, die sie umgeben, mit den Downloads aus den Goldenen Jahren. Und sie haben Geschmack: Es ist nur das Beste von Roxy Music, das sie in ihren Kosmos gerettet haben, diesen Moment, wenn der Rock’n’Roll ins Taumeln gerät oder sich in einer Motorik festfrisst.

Wir dürfen hier von Retro reden, ohne rot zu werden: Die frühe Single „Follow“ (2013 erstveröffentlicht) fällt mit ihrer Bubblegum-Pop-Melodie aus dem Rahmen. Was Sänger/Gitarrist Matt Saunders und Band über weite Strecken zeigen, geht mehr in die Tiefe. Sie setzen dem Glamrock eine schöne Fußnote („Inside Outside“), lassen ein Stück Psych-Rock aus der Spur tanzen („Under The Night Time“) oder schütteln so etwas wie einen Buzzcocks-Hit aus dem Ärmel („Taffy Come Home“), der die historische Phase des Postpunk einfach überspringt. Wer all das häufiger hört, dem werden die Gitarrenriffs und die drogigen Refrains im Hirn rotieren, diese Songs machen süchtig.

Telegram nehmen aktuell einen selbstbewussten Platz in der Mitte von komplexen, trockenen Rock-Entwürfen (die Kanadier Ought) und der pathetischen Nummer ein, mit der man sich auch zum Affen machen kann (die wieder genesenen Libertines). Und damit demonstrieren die Briten so ganz nebenbei, dass noch mehr in dem totgesagten Format Rock steckt, als wir manchmal gerne zugeben möchten – was Sie jetzt vielleicht gerade auch nicht hören wollten.