The Burning Hell

Public Library

BB*Island/Cargo

Michael Jackson lebt (im Song von Mathias Kom)! Die kanadische Band spielt mit Popstars, Folkmelodien und Rockriffs – sowie der Lust auf Literatur.

Der Blick in die PUBLIC LIBRARY von Burning Hell lässt eine Bücherwand mit wild durcheinandergewürfelten Titeln aus diversen Sparten erkennen, darunter ein Science-Fiction-Roman, eine Komödie, eine Literaturkritik, ein philosophisches Werk, eine romantische Liebesgeschichte. Die kanadische Band beginnt ihren literarischen Rundgang aber mit einer Murder-Story: Zwei Fremde bitten in einem abgelegenem Kaff um eine Bleibe für die Nacht – der Typ, ein Man in Black von der Sohle bis zum Scheitel, an seiner Seite eine Lady in Netzstrümpfen. Und wie Mathias Kom diese Geschichte zu erzählen beginnt, erinnert das an den wunderbaren Jeffrey Lewis, der den Antifolk ja in ein Comicbook mit Sound verwandelt hat.

Im Song „The Stranger“ betreibt Kom etwas ähnliches: Er macht aus seiner Geschichte eine bildstarke Räuberpistole, die Münchhausen hätte erfinden können, und schließt mit einer kriminellen Pointe. Die Band schiebt diese hochherrlichen Bläsersätze und Keyboards hinter die Lyrics, die Story beginnt förmlich abzuheben – in den Ohren Ed Kuepper und die Saints auf PREHISTORIC SOUNDS. Das neue Album von Kom und seinen Getreuen ist von den ersten Takten an ein Hochgenuss, voller Witz, Poesie und Popstar-Referenzen. Top-News: Michael Jackson lebt (und zwar in Kanada), er probt den Moonwalk mit Elvis (vielleicht für eine neue Show). Vorher berichtet Kom vom Leben einer Rockband (die Musiker sind blau wie die Joni-Mitchell-Kassette im Tourbus) und vom Glück, eine Liebe zu haben („Fuck The Government, I Love You“).

Das war der schönste, seltsamste romantische Folkpopsong 2015, den hatten Kom und Ariel Sharratt schon in einer herzergreifenden Version für ihr ­Duett-Album DON’T BELIEVE THE HYPER­REAL aufgenommen. Hier fügt er sich mir nichts, dir nichts in eine Sammlung mitpfeifenswerter Lieder, die für ein paar Minuten alles andere vergessen lassen. In dem Moment, da wir diese Biblio­thek betreten, sausen uns Klarinetten, Posaunen und lauter gute Anregungen zum Lesen um die Ohren. Und ein Satz, der Anwärter auf den Kritikerpreis 2016 sein sollte: „There’s nothing more post-apocalyptic than a landscape of truck stops and rock critics.“