Wenn das erste und zweite Album von Matt und Eleanor Friedberger schon artifizielle Gesamtkunstwerke von erquicklicher Dichte und Verwegenheit waren. Rehearsing My Choir wird vorerst nicht zu toppen sein: Das Geschwisterpaar hat eine Platte über das abenteuerliche Leben ihrer inzwischen 83jährigen Großmutter Olga Sanatos gemacht. Die 60-Minuten-Operette aus dem Wilden Westen einer Chorleiterin, Organistin und Ehefrau hätte Frank Zappa nicht besser erfinden können. Zentrale Erkenntnis: Amerika ist eine große Freakshow. Die falsch singenden Priester an Olgas Hochzeit, die Schießerei in der Bowling-Bahn neben Dr. Peter Pains Donut-Fabrik. dessen Donut-Füllungen erstaunlicherweise auch SchufJwunden heilen. Man muß nurdran glauben. Und sich einfach mal tief fallen lassen in diesen Hoppel-Parcours de Luxe: Progrock und Po5t-Pop, Disco-Beats zur Wimmer-Orgel, Kinderzimmer-Techno trifft Stummfilmtheater auf dem Piano, Olga erzählt ihre Geschichte und Eleanor singt die Oma. Es geht drunter und drüber, mehr drunter. Manchmal gerät diese Ode an ein verrücktes Leben etwas aus den Fugen, aber dann rafft Matt Friedberger alles zusammen und zischt auf ein paar Pathos-Akkorden in den Orbit. Den einen oder anderen mag es enttäuschen, daß die Friedbergers ihr überschäumendes Talent für immer skurrilere Konstruktionen verschwenden, anstatt einfach so tolle Popsongs wie „Tropical Iceland“ zu schreiben. Aber amerikanische Geschichten sind das, Storys mit reichlich Vaudeville-Flair und viel Witz im Bodensatz. Auf diese Platte wartet ein Roman. Jeffrey Eugenides, übernehmen Sie!

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