The Kinks – Fünf Alben :: Köniklich

Eigentlich zu schön, um wahr zu sein: Jahrelang hielt man Kinks-Fans mit soundtechnisch miserablen Überspielungen auf CD zum Narren. Mit den ersten fünf Studioalben-angereichert mit insgesamt 34 chronologisch hinzugefügten Bonustracks, kompetenten Sleeve-Notes sowie rarem Archivfotomaterial mit Reproduktionen seltener Plattencover, Magazine und Werbebroschüren – startet Castle Communications nun einen wohlkonzipierten Re-Issue-Rundumschlag unter Mitarbeit von Ray Davies himself. Noch stark dem lospolternden Mersey-Beat verhaftet, stellte sich das Quartett 1964 mit seinem Debüt THE KINKS (ESM 482), 4 Sterne, einer Ansammlung obskurer US-Rhythm’n’Blues-Covers, als durchschnittlich begabte Kapelle vor. Nur zwei Songs ragen wirklich heraus: die Nummer-1-Hitsingle „You Really Got Me“, die Legionen von Hardrock-Citarristen auf den Plan bringen sollte, sowie die Ballade „Stop Your Sobbing“ – beides frühe Eigenkreationen von Ray Davies. Auf knapp eine Stunde Spielzeit aufgefüllt wurde der Re-Release u.a. mit den beiden Singlevorläufern („Long Tall Sally“, „You Still Want Me“), sowie dem ebenfalls chartsträchtigen „All Day And AI! Of The Night“. Eine merkliche Entwicklung setzte mit dem eilig nachgeschobenen KINDA KINKS (ESM 483), 4 Sterne, ein: Ironisch wie pointenreich lotet Davies sein soziales Umfeld in Songs wie „Wonder Where My Baby Is Tonight“, „Got My Feet On The Cround“ und „Tired Of Waiting“ aus. Speziell die dazugepackten Singles „Set Me Free“, „See My Friends“ (erster Sitareinsatz auf einer britischen Pop-Produktion) und „A Well Respected Man“ (danach schrieb Lennon „Nowhere Man“) kündigen den scharfsinnigen Sozialkritiker Ray Davies an. THE KINK KONTROVERSY (ESM 507), 4 Sterne, geriet durch pausenloses Touren und hingehuschte Studiopflichten zum leichten Kreativ-Rückschlag. Weite Teile des Albums thematisieren melancholisch die Wehwehchen und Aussetzer eines rastlosen Musikerlebens fernab der Heimat. Die zwei addierten Versionen (eine erstmals im Stereo-Mix) der Carnaby-Street-Hymne „Dedicated Follower Of Fashion“ heben die Gute-Laune-Stimmung dann doch noch etwas. Gleichzeitig schlägt dieser sarkastische Song über den Lebensinhalt (Shopping! Shopping! Shopping!) eines typischen Londoner Modegecks (der modisch wagemutige Dave Davies behauptet noch heute, daß er damit gemeint war) die thematische Brücke zum Meisterstück der Kollektion: FACE TO FACE (ESM 479), 6 Sterne, ist ein kaleidoskopisches Porträt von Swinging London, auf dem sich sowohl der vollerblühte Konzept-Songwriter Ray Davies präsentiert, als auch die Studiotechnik optimal zum Einsatz kommt: Von der visionären, mit typischem Telefon-Tut-Tut untermalten „Party Line“ über das mit Unwettergeräuschen versehene prä-psychedelische „Rainy Day In June“ bis hin zum drogigen „Too Much On My Mind“ tönt das 66er Album frischer als alles damals vergleichbare. Im versöhnlichen „Dandy“ greift Davies nochmals die Figur des Modenarren auf, während „Sunny Afternoon“ aristokratische Nichtstuer auf’s Korn nimmt. Die angehängten 45er „I’m Not Like Everybody Else“, „This Is Where I Belong“ und „Big Black Smoke“ belegen Davies‘ überbordende Kreativität. Nur wenig unter dem Niveau des Vorgängers blieb SOMETHING ELSE BY THE KINKS (ESM 480), 5 Sterne. Mit dem später von The Jam gecoverten homoerotischen „David Watts“ gelingt ein grandioser Einstieg, der seine Fortsetzung in „Two Sisters“ und „Harry Rag“, weiteren Londoner Typen-Porträts findet. Dem Summer Of Love ’67 setzt der für seine Antihaltung berüchtigte Davies die unsterbliche Einfache-Leute-Hymne „Waterloo Sunset“, das surrealistische „Lazy Old Sun“, die Rentner-Hommage „Autumn Almanac“ und das trefflich die Hippies karikierende „The End Of The Season“ entgegen. Bruder Dave schaffte es mit dem Solo-Charttreffer „Death Of A Clown“, sich aus dem Orbit Rays zu lösen, verpaßte jedoch mit den Folgesingles „Susannah’s Still Alive“ und „Lincoln County“ (beide Bonus-Tracks) den Hit-Anschluß.