The Velvet Underground :: Live At Max’s Kansas City

Prä-Indie-Rock: "Diese Band ist Dynamit", schnarrt der Sprecher von Atlantic Records. Wir bleiben bei den Fakten: das erste offizielle Bootleg der Rockgeschichte, um 30 Minuten verlängert.

Als hätten sich alle Velvet-Underground-Afficionados auf der Welt entschlossen, ihre Tapes der Öffentlichkeit preiszugeben: In den vergangenen Jahren sind mehr Konzertmitschnitte, Outtakes, Alternativ- und Demo-Aufnahmen veröffentlicht worden als in den drei Dekaden davor, es gibt die FULLY LOADED EDITION, die OUINE TAPES, HEAD HELD HISH mit Session-Beiträgen von 1970, um nur die besten Sammlerstücke zu nennen. Es musste wahrscheinlich doch bewiesen werden, dass diese Band, die im Verhältnis zum späteren Rock’n’Roll-Ruhm Anfang der Siebziger nur eine kleinere Attraktion darstellte, ungespielt, unbeworben, unverstanden, live eine Extra-Dynamik entwickelte. Lou Reeds Abschieds-Shows also. Im Sommer 1970 spielt die Band zwei Mal pro Abend, fünf Tage in der Woche im Restaurant-Club Max’s Kansas City in Manhattan. 1972 erscheint das Max’s-Kansas-Live-Album, zusammengestellt aus den Cassettenrecorderaufnahmen von Brigid Polk. einem Mädchen aus der Warhol-Entourage, das alles von den Velvets mitschnitt, was sie nur kriegen konnte. „Andys Tapes waren schrecklich „, wird die Aufnahmeleiterin im Booklet zu dieser Neuedition zitiert, sie nahm ihren Job aber auch ernst: das Mikrofon immer schön ordentlich halten, blöde Plops vermeiden … Wir wissen, was daraus wurde: das erste offizielle Bootleg-Album der Rock-Geschichte, das letzte Aufblitzen von dem, was Lou Reed & The Velvet Underground in eine schmutzige Welt setzten. Man kann darüber streiten, ob das vielleicht nur die drittbeste allerVelvet-Besetzungen war Imit Doug Yules kleinem Bruder Billy am Schlagzeug für die schwangere Moe Tucker], ob die Band einen heißen Ritt erwischte. LIVE AT MAX’S KANSAS CITY war Hörspiel, Rock-Doku, ein manchmal melancholisches Porträt, flankiert von den Begleiterscheinungen eines mittelmäßig besuchten Konzerts: Pausen und Publikumsgespräche, spärlicher Applaus. Das Eins-zu-eins-Live-Erlebnis. Songlängenmesser und Live-Vergleicher („hier haben sie aber eine Strophe mehr gespielt „] werden in Entzückung geraten: Die jetzt aufgelegte 2-CD-Version enthält die beiden kompletten Max’s-Kansas-Sets von Velvet Underground vom 23. August 1970 mit sechs Songs, die auf den früheren Ausgaben des Albums fehlten – „White Light/White Heat“, „Sweet Jane“ (Version il mit Handclapping. „Candy Says‘, das unvermittelt einsetzende „Who Loves The Sun“. „Lonesome Cowboy Bill“ [Version 2] und „Im Set Free“. „Diese Band ist Dynamit“, schnarrt der Sprecher der Plattenfirma Atlantic in einem vierzigsekündigen sinnfreien Promospot, man denkt nur, gut, dass Lou Reed immer eine Schippe zu cool war, um die neue Rock-Sensation abzugeben. Es bleibt dabei. Wetter werden VeLvetoLogen sich fragen, ob Lou Reed vor diesen beiden Sets, in deren Pause oder danach die Entscheidung getroffen hat, The Velvet Underground zu verlassen. Mit dieser Deluxe-Edition von live at max’s Kansas city Lässt sich rund 30 Minuten längergrübeln.